Der VfB-Stuttgart-Fan Günther Oettinger hat den
Europafeinden den Ball vor wenigen Tagen auf den Elfmeterpunkt
gelegt, und die haben ihn ohne langen Anlauf im Tor versenkt. Dabei
war es inhaltlich richtig, was der EU-Kommissar zur Lage in Italien
gesagt hat. Seine Sorge vor dem weiteren Erstarken der Populisten in
dem Land ist völlig berechtigt, denn ihr Geschäft ist es ja nunmal,
mit europafeindlichen Parolen bei den Bürgern zu punkten. Sollte der
populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der fremdenfeindlichen Lega
tatsächlich nun im zweiten Anlauf eine Regierungsbildung glücken,
wird das Gejammer über Brüssel – und natürlich auch über die
Regierung in Berlin – noch lauter werden.
Die populistische Dauerklage lautet: Die deutsche Schamlosigkeit
bestimme seit Jahrzehnten die europäische Politik, und deshalb sei
Italien ein Vasall Brüssels. Doch dahinter steckt ein ganz anderes
politisches Kalkül: Die Fünf-Sterne-Bewegung und die rechtsradikale
Lega wollen schlicht ihre abenteuerlichen finanzpolitischen
Versprechen auf Kosten der europäischen Solidarität durchsetzen. Dass
die europäischen Finanzmärkte auf diesen Kurs reagieren werden, ist
logisch – und ein entsprechender Verweis darauf nicht respektlos
gegenüber den Bürgern in Italien. Dennoch sah sich
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker veranlasst, seinen
Kommissar zu tadeln.
Doch Juncker sollte seinen Blick besser nach vorne richten und
präzisieren, wo die Perspektiven Italiens und der Europäischen Union
liegen. Vom kommenden EU-Gipfel müssen Impulse an die Wähler gehen,
dass sich etwas auf dem Kontinent bewegt. Das auch von
Bundeskanzlerin Angela Merkel praktizierte Ankündigen oder Abwarten
reicht nicht mehr. Das Europa von morgen braucht Reformen. Zuletzt
wurde in diesem Zusammenhang immer wieder auf Frankreichs Präsident
Emmanuel Macron, dessen innenpolitische Nöte und den Druck von rechts
verwiesen. In Italien ist die Lage viel dramatischer. Scheitert
Italien, scheitert die EU.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de
Original-Content von: Schwäbische Zeitung, übermittelt durch news aktuell