Schwäbische Zeitung: Leitartikel zu Freihandelsabkommen – Charme der EU-Richtlinien

Die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit
den USA kommen zu Recht in Verruf. Transparenz sollte das Abkommen
zwischen den beiden großen Handelspartnern EU und USA schaffen. Kaum
glaubwürdig, wenn man die Art und Weise der bisherigen
Verhandlungsführung betrachtet. Zwar versucht die EU-Kommission
diesen Image-Schaden nun wieder auszuräumen. Doch auch inhaltlich
liegt vieles im Argen.

Die bisherigen Verhandlungen erweckten den Anschein, eher dem
Wohle der Industrie zu dienen. Es geht zwar um den Abbau von
Handelshemmnissen und es wird mit der Aussicht auf zwei Millionen
neue Jobs gelockt. Doch was für Jobs das sein werden und wo genau sie
entstehen, wird nicht gesagt. Dafür schwant dem EU-Bürger, welchen
Preis er dafür zahlen könnte. Denn als Handelshemmnisse werden auch
Verbraucher- und Umweltschutzmaßnahmen verstanden. Die Forderungen
der deutschen Verbraucherminister bestätigen das. Zwar werden selbst
in der EU die vielen Richtlinien nicht immer als positive
Errungenschaften empfunden. Doch im Vergleich zum amerikanischen
Verbraucherschutz haben sie doch einen gewissen Charme: In der EU
gilt das Vorsorgeprinzip. Ein Produkt wird erst zugelassen, wenn es
vorher geprüft und als sicher eingestuft wurde – gerade in der
Pharma- und Lebensmittelbranche.

In den USA dürfen die meisten Produkte ohne Prüfung auf den Markt.
Erst wenn der Beweis erbracht wurde, dass das Produkt gefährlich ist,
wird es verboten oder mit Auflagen belegt. Vieles, was in Europa
verboten ist, ist in den USA daher noch erlaubt. Beispielsweise der
Einsatz von Schlachtabfällen im Tierfutter – seit der BSE-Krise in
der EU verboten. Da aber die US-Agrarwirtschaft auch weiterhin eine
Kennzeichnungspflicht zu Inhaltsstoffen und Herkunft ablehnt, bliebe
dem EU-Verbraucher nicht einmal die Wahl, weil er nicht wüsste, was
die US-Produkte enthalten. Insofern hätte das US-Freihandelsabkommen
für die hiesigen Bauern dann doch noch etwas Gutes: Regionale
Produkte wären beim EU-Bürger beliebter denn je.

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