Auf den ersten Blick stellen die
Grenzkontrollen zwischen Dänemark und Deutschland kein größeres Drama
dar. Schließlich ermöglicht das Schengen-Abkommen, das unsere
Freizügigkeit in Europa garantiert, auch ausdrücklich solche
befristete Maßnahmen. Nach den Schweden stoppen nun also die Dänen
die Reisenden und verlangen einen Blick in die Personaldokumente.
Damit machen sie nichts anderes als Deutschland, Österreich und
Frankreich. Die sich wegen der Flüchtlingsproblematik besorgt
gebenden Bürger können aufatmen. Der handlungsfähige Staat zeigt
vermeintlich Kante.
Auf den zweiten Blick spielt Europa mit seiner Zukunft. Politisch
wie wirtschaftlich. Und das nicht nur in grenznahen Regionen, für die
schon längst die nationalen Demarkationslinien keine Bedeutung mehr
haben. Seit Beginn des Flüchtlingsansturms belegen die Europäer ihre
Unfähigkeit, eine gemeinschaftliche, europäische Lösung zu finden.
Einzelstaaten berufen sich auf ihre Souveränität und gaukeln so ihren
Gesellschaften eine Lösungskompetenz vor, die ihnen längst
abhandengekommen ist. Es wird leider ein europäischer Klassiker
aufgeführt: Wenn es hart auf hart geht, dann erwachsen in den Augen
zahlreicher Staaten aus der Mitgliedschaft in der Europäischen Union
nur noch Rechte, aber keine Pflichten. Solidarität kann schwierig, ja
auch problematisch sein.
Das Eis, auf dem der europäische Gedanke herum schliddert, ist
ausgesprochen dünn. Da braucht es keine erzkonservativen Regierungen
wie in Ungarn oder Polen. Da genügt ein dritter Blick nach Dänemark,
wo sich eine wirtschaftsliberale Minderheitsregierung vor
Rechtspopulisten fürchtet, durch die ihr politisches Überleben
garantiert wird. Die Europäische Union befindet sich in einem
beklagenswerten Zustand. Das mag hierzulande und bei unseren direkten
Nachbarn die Europagegner freuen. Noch mehr amüsiert das aber
diejenigen auf dieser Welt, die mit Demokratie, Rechtsstaat und
sozialer Marktwirtschaft noch nie etwas am Hut gehabt haben.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de