Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit, dieses
Lieblingsmotto der Kanzlerin ist nicht immer richtig. Wenn es in der
guten Stube brennt, ist es zuweilen besser, mit der nächstliegenden
Decke draufzuklopfen, als den Feuerlöscher im Keller zu suchen. In
Europa brennt es, und die Bundesregierung wägt seit Langem
genauestens ab. Zu lange schon.
Das Misstrauen in die Politik wächst. Hat man die Krise im Griff?
Angela Merkel steht vor der schwersten Bewährungsprobe ihrer
Amtszeit. Deutschland kommt in Europa eine besondere Führungsrolle
zu. Doch Merkel treibt nicht an, sie wird getrieben. Hinzu kommt:
Vertrauen kann sich Deutschland im In- und Ausland nur durch klare
Ansagen erwerben. Natürlich setzt die Diplomatie offenen Worten auf
europäischer Ebene enge Grenzen. Selbstverständlich kann eine
Kanzlerin nicht sagen, hier machen die blöden Franzosen oder die
stolzen Spanier und Italiener nicht mit. Aber sie kann zumindest
sagen, was sie selbst will. Was ihr Ziel ist. Und was notwendig ist.
Doch Wolfgang Schäuble, Geheimniskrämer von Haus aus, lässt die
Parlamentarier und Öffentlichkeit genauso im Vagen wie die stets
zögernde Angela Merkel.
Reicht der Rettungsschirm EFSF nicht? Muss noch eine Hebelung,
sprich Ausweitung, sein? Erst hieß es nein, dann schwieg die
Regierung. Und richtig erklärt hat die Bundesregierung die
Milliarden-Risiken bis heute nicht. Weder den Abgeordneten noch der
Bevölkerung. Merkel und Schäuble schüren auf diese Art eine Kultur
des Misstrauens, selbst im eigenen Lager.
Dass sie dann in einer Krisenlage, in der alle Kraft der Rettung
des Euros dienen muss, auch noch eine jämmerliche Steuerreform
zimmern, schlägt dem Fass den Boden aus. Doch nicht hinter jedem
Schachzug steckt eine Verschwörung, wie Horst Seehofer sie wittert,
manchmal ist es auch nur Unprofessionalität. Was als Bonbon für die
FDP geplant war, gleicht jetzt einer ollen Kamelle, die niemand will.
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