Schwäbische Zeitung: Nicht reden ist am teuersten – Leitartikel

Ja, es stimmt. In Elmau werden Millionen Euro
dafür ausgegeben, die Mächtigen dieser Welt in luxuriöser Idylle 24
Stunden lang zu beherbergen und zu beschützen, und die
Protestierenden hinter Maschendrahtzäunen fernzuhalten. Eine
Mega-Show, bei der das Volk draußen bleibt. Trotzdem springt die
Kritik zu kurz. Schließlich geht es bei dem Gipfel genau um dieses
Volk, um seinen Wohlstand, um sein Klima, um seinen Handel, die
Zukunft seiner Kinder.

EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker hat die Kritik der
Gegner gekonnt gekontert: Die G7 seien nicht die Herren der Welt,
sondern die Verantwortlichen der Welt. Deshalb soll es auf Schloss
Elmau auch um jene gehen, die von diesen Staatschefs nicht regiert
werden: Den Bergwerksarbeiter im Kongo, die Ebola-Kranken in Afrika.

Der Glaube, dass die G7 sich aus reiner Menschenliebe dieser
Themen annehmen, mag naiv sein. Doch auch wenn die Bemühungen der
schlichten Einsicht entspringen, dass alle Probleme über kurz oder
lang doch irgendwann bei uns landen – sind die Motive nicht egal,
wenn die Hilfe geleistet wird? Hat nicht der Gipfel in Heiligendamm
im Jahr 2007 dazu beigetragen, die Zahl der Aids-Toten drastisch zu
senken? Ist nicht das Thema Nachhaltigkeit, sind nicht soziale und
ökonomische Mindeststandards sehr viel tiefer im Bewusstsein
verwurzelt als noch vor Jahren?

Über dem Gipfel in Elmau liegen große Schatten. Griechenland
bringt die europäische Einheit in Gefahr, Putin den Frieden auf dem
Kontinent. Der Islamische Staat bringt den Terror und die
Flüchtlinge, der Hunger in der Welt ist nicht besiegt, die Klimaziele
sind nicht erreicht. Wann, wenn nicht jetzt, ist es Zeit, dass die
Mächtigen zusammen am Tisch sitzen und über diese zentralen Themen
beraten?

Elmau ist teuer, und bestimmt hätte es eine Nummer kleiner auch
getan. Doch Horst Seehofer hat mit seiner einfachen Erkenntnis Recht:
Nicht miteinander reden ist immer am teuersten. Menschliches Leid
verursacht die höchsten Kosten.

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