Die besten Spiele aller Zeiten – so lautet der
Standardsatz, wenn Ober-Olympier die jeweiligen Olympischen Spiele
für beendet erklären. Ob dieser Satz morgen Abend, wenn die
Paralympics enden, auch fällt, wissen wir nicht. Dafür wissen wir,
dass vieles für diese Annahme spricht. London hat Maßstäbe gesetzt.
Die Begeisterung des fairen englischen Publikums war selbst durch
den Filter der elektronischen Medien zu spüren. Und die Leistungen
der Athleten, die mit Willensstärke und Lebensmut ihr Schicksal
bezwingen, fanden ein so breites Interesse wie nie zuvor – wenn auch
die Differenzierung der einzelnen Schadensklassen und die Vielfalt
der Behinderungen für den normalen Beobachter verwirrend wirken.
Nichtsdestotrotz haben sich die Paralympics-Teilnehmer als
Sportler erwiesen, die die gleiche Achtung und Bewunderung verdienen
wie ihre nicht behinderten Kollegen – und ebenso den kritischen
Blick. Behinderte sind keine besseren Menschen, sondern Menschen wie
du und ich. Und da es sich um Sportler wie in nahezu allen anderen
Wettbewerben handelt, gibt es auch Probleme wie sonstwo: Doping,
Vorwürfe der unberechtigten Vorteilsnahme, Eifersüchteleien und
Egoismen. Zudem ist die Kluft zwischen reichen Nationen und Athleten
der dritten Welt noch größer als bei Olympia, weil teure Prothesen
nicht jedermann zugänglich sind.
Die erstaunliche öffentliche Anteilnahme (nicht nur am
Medaillenspiegel) und das positive Echo in der Öffentlichkeit sind
schön für den Behindertensport im Allgemeinen und für die jeweiligen
Athleten im Besonderen. Doch der Rausch der paralympischen Tage darf
nicht darüber hinwegtäuschen, dass er teilweise Kompensation für
routiniertes Wegsehen der Normalos im Alltag ist und dass die Bilder
der Sieger über die alltägliche Mühsal vieler Menschen mit
Behinderung hinwegtäuschen. Wenn das Interesse an den Belangen
behinderter Menschen die paralympischen Tage überdauert und auch im
Alltag anhält, dann waren es wirklich die besten Spiele aller Zeiten.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
redaktion@schwaebische-zeitung.de
Weitere Informationen unter:
http://