Russland spielte bis vor Kurzem im Nahen Osten
keine große Rolle. Die Amerikaner waren im Irak einmarschiert und
Moskau wirkte dabei wie ein Zaungast, während Diplomaten des Westens,
Mitarbeiter von Denkfabriken in London, Washington und Berlin
versuchten, Blaupausen zu entwickeln für einen
israelisch-palästinensischen Frieden oder die Zukunft des Irak.
Wladimir Putin musste sich vor Jahren in Israel kritische Fragen nach
seiner engen Zusammenarbeit mit Iran anhören. Ansonsten kümmerte sich
der Kreml um die russische Marinebasis in Syrien und um die 30000
Russinnen, die mit Syrern verheiratet im Lande Baschar al-Assads
leben.
Heute ist Russland der wichtigste militärische Spieler in der
Region – und der gefährlichste. Gemessen an der Zahl der geflogenen
Bombenangriffe und den Vorwürfen, man greife zivile Ziele in Syrien
an, gelingt es Putin auch hier, sich bedrohlich bemerkbar zu machen.
Aber was wollen die Russen? Den Diktator Assad an der Macht halten,
um die Rückzahlung von Krediten sicherzustellen? Den Marinehafen
Tartus am östlichen Mittelmeer absichern?
Nun ist die Politik des Westens gegenüber Syrien alles andere als
logisch oder erfolgreich. Aber sie scheint zumindest getrieben vom
Versuch, die Lage in Syrien zu befrieden. Das lässt sich über
Russland keineswegs sagen. Die Bombardements von Aleppo sowie die
Angriffe auch auf gemäßigte Rebellen legen den düsteren Schluss nahe,
dass Putin es selbst nicht so genau weiß.
Der verstorbene Russland-Kenner Andreas Schockenhoff aus
Ravensburg hat kurz vor seinem Tod erklärt, Putin habe keine
Strategie, ihm gehe es im Nahen Osten lediglich darum, Durcheinander
zu stiften, sich und sein Land wieder bemerkbar zu machen. Daran hat
sich bis heute nichts geändert. Bei den anstehenden Syrien-Beratungen
wie auch bei der heute beginnenden Münchner Sicherheitskonferenz
sollten die Russen zu hören bekommen, dass sie nur dann
ernstzunehmende Partner sind, wenn sie sich an der Suche nach
Lösungen beteiligen.
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