Schwäbische Zeitung: Putin schlägt Schockenhoff – Leitartikel

Wie kaum ein anderer aus der zweiten Reihe der
CDU hat sich Andreas Schockenhoff in den vergangenen Jahren
profilieren können. Als Koordinator im Auswärtigen Amt für die
deutsch-russische zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit hat er
sich einen Namen gemacht. Es war Schockenhoff, der Angela Merkel und
die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu einer härteren Gangart gegenüber
dem Autokraten Wladimir Putin gedrängt hat. Mit Erfolg, so ist
anzunehmen. Denn die Freilassung Michael Chodorkowskis und der jungen
Frauen von der Kapelle Pussy Riot ist vor allem Putins Furcht um sein
eigenes Ansehen im Ausland geschuldet.

Der 56-jährige Bundestagsabgeordnete hat in den vergangenen acht
Jahren landauf landab berichtet, wie sich die russische Gesellschaft
gegen Putin wehrt, wie der Klüngel aus früheren Geheimdienstleuten
das Land langsam zu einem Polizeistaat umbaut. So hat der Lehrer aus
Ravensburg einiges in Bewegung gebracht, vor allem sicher das Bild
von Russland in Deutschland. Immer dann, wenn etwas Dramatisches in
der ehemaligen Sowjetunion passierte, trat Andreas Schockenhoff auf –
im ZDF, im Deutschlandfunk, bei SAT1, in der FAZ und bei der
Schwäbischen Zeitung. Indirekt bringt diese Popularität auch Gewinn
für den Wahlkreis, denn Kabinettsmitglieder, Staatssekretäre und
Diplomaten wissen, dass der Mann aus Oberschwaben Russland-Experte
ist.

Dass er diesen Posten nun abgeben muss, hat vor allem mit der
Arithmetik in der Großen Koalition zu tun. Beim Gerangel um Posten
und Einfluss zog Schockenhoff den Kürzeren. Dass mit Gernot Erler ein
SPD-Mann auf die Stelle im Auswärtigen Amt rückt, der einen
Schmusekurs gegenüber dem Oligarchen im Kreml propagiert, wird für
Schockenhoff und für Teile der russischen Zivilgesellschaft
schmerzhaft sein. Wladimir Putin, der den Ravensburger auch schon mal
öffentlich angegriffen hat, kann sich freuen: Dank der Großen
Koalition wird einer seiner schärfsten Kritiker kaltgestellt. Schade
für Russland, schade für Schockenhoff.

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