Wahrscheinlich ist es an der Zeit, der
Regierung in Athen zu erklären, dass ihre Sorgen – und damit auch die
Probleme Europas – nicht durch Erpressung oder Drohungen zu lösen
sind. Wäre die Lage nicht so dramatisch, man könnte die Sprüche des
griechischen Verteidigungs- wie des Finanzministers als rhetorisches
Rowdytum abtun. Ausweispapiere an Flüchtlinge verteilen, damit diese
dann nach Deutschland reisen könnten, oder die Warnung vor Neuwahlen
beschleunigen in Brüssel bei niemandem den Puls. Diese Provokationen
laufen ins Leere ebenso wie die Beschimpfungen der solidarischen
Gläubiger. Dagegen schnellt bei Europas Finanzministern der Blutdruck
nach oben, wenn sie sich mit der Unfähigkeit der Athener
Administration auseinandersetzen müssen. Von 20 Maßnahmen hat Premier
Tsipras nach Brüsseler Informationen nur sechs umgesetzt. Mit einer
Steuer auf Internet-Glücksspiele und Hobby-Steuerfahndern, die durch
Kneipen und Nachtklubs tingeln, werden die Milliarden, die
Griechenland in Kürze zahlen muss, nicht einzutreiben sein. Seit
Jahrzehnten wird das Land von der korrupten Elite ausgepresst. Nun
gaukelt die Regierung ihren Landsleuten vor, sie könnten wählen
zwischen ihrer vermeintlich in Gefahr befindlichen Würde und
Frondiensten.
Das Land steht vor dem Staatsbankrott. Der erst wenige Wochen
amtierende Tsipras trägt einen Gutteil Verantwortung daran. Wer dem
Euro-Austritt aber nun das Wort redet, der möge erklären, wie die
Griechen künftig Importe bezahlen, was sie überhaupt exportieren und
wie sie ihre Schulden bedienen sollen. Und das in einer realen
Wirtschaft und nicht unter wirtschaftswissenschaftlichen
Laborbedingungen.
Noch lehnt Tsipras Kontrollen der internationalen Gläubiger ab,
noch hofft er, die Sparauflagen verwässern zu können. Er wird
einlenken müssen. Sollte der Premier auf seinen radikalen Positionen
beharren, wird es für Griechenland schlimm enden. Die von ihm
angefeindeten Banken werden die Krise ebenso wie die EU überstehen.
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