Wer die enormen Folgen der internationalen
Flüchtlingskrise klein redet und Harmoniesoße über alles schüttet,
der handelt verantwortungslos.
Binnen weniger Monate sieht sich Deutschland mit einer Situation
konfrontiert, die in den zukünftigen Geschichtsbüchern nicht mit
einer Fußnote, sondern mit umfangreichen Kapiteln abgehandelt werden
wird. Direkt an den Grenzen des taumelnden Friedensprojekts
Europäische Union herrschen Krieg und Zerstörung. Millionen suchen
Zuflucht vor Tod und Hunger. Ausland bedeutete vor kurzem noch der
Kluburlaub am Mittelmeer, jetzt wirkt von draußen alles bedrohlich.
Nachdem sich die große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung zu
Euphorie entwickelt hatte, mehren sich nun die Ängste und Sorgen. Es
kommt verschärfend hinzu: Hunderttausende brauchen für den Herbst und
Winter ein Dach über dem Kopf. Tatsächlich flimmern die Vertriebenen
nicht mehr über die Fernseher in die Wohnzimmer, sondern sie stehen
mit ihren Kindern vor den Haustüren. Konflikte hierbei zu vermeiden,
das ist eine Herkulesaufgabe für die, die schon jetzt vor allem in
den Gemeinden – seien es Beamte oder Ehrenamtliche – am Rande der
Erschöpfung arbeiten. Dort türmen sich die Engpässe und Belastungen.
Doch anders als behauptet, werden Probleme nicht tabuisiert und
die Bundesrepublik ist auf allen staatlichen Ebenen handlungsfähig.
Milliarden Euro stehen zur Verfügung, damit die Städte, Kreise und
Gemeinden agieren können. Wer in dieser Lage mit Blick auf Umfragen
Angela Merkel wohlfeil kritisiert, der ist nicht an einer
Problemlösung interessiert, auch der handelt verantwortungslos. Denn
es kann viel gefordert werden, nur einer Lösung kommt man mit der
Abschaffung von Grundrechten oder Ideen, die gegen die Genfer
Konvention verstoßen, nicht näher. Die Bundeskanzlerin hat die
Leitplanken aufgestellt. Diese Krise wird auch mit dem besten Willen
nicht in Monaten gelöst. Dafür bedarf es Jahrzehnte, Realismus und
Merkelsche Zuversicht.
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