Jedes Metier hat seine Floskeln: So wie jeder
Fußballtrainer weiß, dass das nächste Spiel immer das schwerste ist,
so weiß jeder Spitzenpolitiker, dass es nicht darauf ankommt,
Umfragen zu gewinnen, sondern Wahlen. An dieser Phrase können sich
derzeit je nach Lesart sowohl Schwarz-Gelb als auch Rot-Rot-Grün
aufrichten. Denn das „Politbarometer“ des ZDF sieht das
Oppositionslager bei 48 Prozent, während CDU und FDP in dieser
Umfrage zusammen lediglich auf 45 Prozent kommen. Der
„Deutschlandtrend“ sieht das Regierungslager dagegen bei 47 Prozent
und SPD, Grüne und Linke nur bei 46 Prozent. Wenn man daraus
unbedingt etwas für die Bundestagswahl am 22. September ableiten
möchte, dann dies: Es wird wohl ein spannender Wahlabend werden.
Das ist – um noch ein inzwischen geflügeltes Politikerwort zu
benutzen – auch gut so. Demokratie lebt vom Widerstreit politischer
Ideen auf Augenhöhe. Und noch einen so sterbenslangweiligen Wahlkampf
wie vor vier Jahren zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem
Außenminister Frank-Walter Steinmeier braucht Deutschland in Zeiten
nach wie vor steigender Politikverdrossenheit bestimmt nicht.
Demokratie lebt aber auch von einer ebenso kritischen wie sachlichen
Auseinandersetzung mit den Konzepten und Ausrichtungen des jeweiligen
politischen Gegners. Und diese Auseinandersetzung bleibt im laufenden
Bundestagswahlkampf seit geraumer Zeit auf der Strecke.
Die politischen Lager und ihre Strategen setzen im Fahrt
aufnehmenden Wahlkampf vor allem darauf, das Spitzenpersonal der
anderen Seite madig zu machen. Skandalisierung statt Sachpolitik,
lautet das Motto. Wer für welche Programme steht, wer vom Herbst an
mit welcher Agenda regieren möchte, wird so bedauerlicherweise zur
Nebensache. Die Parteien haben noch 51 Tage Zeit, um die Wählerinnen
und Wähler mit Argumenten in der Sache zu überzeugen. Das ist
anstrengender als die rhetorischen Kneipenschlägereien in den
Talkshows. Aber es ist die ureigene Aufgabe des politischen
Spitzenpersonals.
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