Die deutsche Sozialdemokratie irrlichtert.
Anders kann das wahltaktische Vorgehen der einstmals so starken SPD
nicht bezeichnet werden. Zu einfach machen es sich die Genossen, wenn
sie ihrem ungeschickt agierenden Spitzenkandidaten die alleinige
Schuld dafür in die Schuhe schieben, dass sie sukzessive eine Umfrage
nach der anderen in die Nähe der 18-Prozent-Fußsohlen des früheren
FDP-Chefs Westerwelle rutschen. Der SPD gelingt es seit Jahren nicht
mehr, die eigenen Anhänger zu mobilisieren. Noch schaffen es die
Partei-Strategen im Willy-Brandt-Haus, dass sich Wechselwähler für
die SPD interessieren. Dass Wahlen in Deutschland in der Mitte der
Gesellschaft gewonnen werden, gehört zum Allgemeinwissen aller
Politiker, mit Ausnahme der Linkspartei. Doch die Mannschaft um
Generalsekretärin Nahles ignoriert dieses Naturgesetz der deutschen
Politik.
Noch 1998 erzielte die Partei einen fulminanten Wahlsieg, als sie
die sogenannte „neue Mitte“ gezielt ansprach. Gut ausgebildete und
gut verdienende Menschen, die notwendigen Veränderungen offen
gegenüberstanden, machten ihr Kreuz bei der SPD. Sie sahen sich bei
den Sozialdemokraten gut aufgehoben, da auch der Leistungsgedanke per
se nicht als Ursache von Ungerechtigkeit verunglimpft wurde. Heute
ist das anders. Die SPD betreibt eine lupenreine Gewerkschaftspolitik
aus dem vergangenen Jahrhundert. Bezieher kleinerer Einkommen werden
mit einem Füllhorn von Versprechungen bedacht, die nicht die Reichen
finanzieren werden, sondern der Mittelstand. Es werden
Rentenversprechen abgegeben, die vielleicht den harten Kern der
eigenen Klientel einlullen, aber nicht im Ansatz finanzierbar sind.
Die Agenda 2010, die die Republik dank der Sozialdemokraten
wetterfest gegen die globalen Unwetter gemacht hat, würden die
meisten Genossen am liebsten im Orkus verschwinden sehen. Das sind
die Gründe, warum die Partei dümpelt. Manche Tollpatschigkeit von
Peer Steinbrück verstärkt dann noch den Trend, ist aber nicht Ursache
eines absehbaren Desasters.
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