Wenn wir selbst begeistert sind, können wir
auch andere begeistern. Mit dieser Haltung hat vor 23 Jahren Oskar
Lafontaine putschartig den mittelmäßigen SDP-Parteichef Rudolf
Scharping gestürzt. Der hatte es nicht geschafft, die SPD zu
begeistern. Auch Lafontaines Stern sank später, wenn auch aus anderen
Gründen.
Geblieben aber ist die Krankheit der SPD, an sich selbst zu
zweifeln und so nicht nur sich, sondern auch anderen das Leben schwer
zu machen. Nicht nur, aber auch in Koalitionsverhandlungen. Hat
jemand Horst Seehofer sagen hören: „Mist, wir haben den dritten Punkt
der Mütterrente nur für Frauen mit drei Kindern erreicht. Wir wollten
aber viel mehr.“ Hat man von Angela Merkel vernommen, dass zu den
zehn Prozent, die weiter den Soli zahlen müssen, eine Menge
mittelständischer Unternehmer gehören? Nein, während die anderen sich
auf ihre Erfolge konzentrieren, weint die SPD der Bürgerversicherung
pur nach. Fast würde man sich eine amerikanische Super-Mom wünschen,
die pausenlos hinter der Parteispitze steht und sagt: Jetzt erzählt
doch mal allen, wie toll du bist! Denn aufzuzählen hätte die SPD
einiges: Von der Grundrente über mehr Kindergeld und
Ganztagsbetreuung bis zum sozialen Wohnungsbau, der wieder
angekurbelt werden soll.
Nein, die SPD wird so schnell nicht mehr als strahlender Sieger
dastehen. Ausgelaugt und ermüdet, enttäuscht und mit Zweifeln
behaftet geht Martin Schulz aus diesen Verhandlungen hervor. Da ist
es allenfalls ein Trost, dass auch Angela Merkel so auftritt, als ob
ihr alles zu viel würde.
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