China ist der Fluchtpunkt der deutschen
Wirtschaft. Während sich die Amerikaner ermattet einigeln, Japan
unter den Nachwehen des Erdbebens leidet und Europa durch die
Schuldenkrise gelähmt ist, gilt China bislang als sichere Bank. Egal
ob Autobauer, Getriebehersteller oder Maschinenlieferant: Die besten
Geschäfte macht die Industrie in Peking, Shanghai, Hongkong. Umso
mehr erschreckt die Nachricht, dass Chinas Industrie erstmals seit
drei Jahren schrumpft.
China ist für deutsche Firmen zur Werkbank geworden und für
Manager zum Sehnsuchtsort, so wie es Amerika in den Fünfzigerjahren
war. Und die Ansprüche an dieses Land der unbegrenzten Möglichkeiten
sind gewaltig: Es soll Konjunkturlokomotive sein, den Euro retten und
einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Diese Rolle überfordert China. Es ist schwer zu beurteilen, wie es
wirklich um das Land steht. Denn der rote Staatsapparat ist
mindestens so gewieft in Bilanzkosmetik wie die Griechen vor ihrem
Euro-Beitritt. Chinas Statistiker behaupten, die Schulden lägen bei
20 bis 30 Prozent, die Inflation bei fünf Prozent, das Wachstum bei
neun Prozent. Das sind Traumwerte wie 90-60-90.
Allein, vermutlich sind diese Finanzdaten geschönt. Einige
Ökonomen vertreten die Ansicht, dass das Land längst in einer
Wirtschaftskrise steckt. Die Schulden von Regierung und
Staatsunternehmen sollen sich in Wahrheit auf sechs Billionen Dollar
summieren. Das entspräche rund 90 Prozent der Wirtschaftsleistung –
China stünde schlechter da als Spanien. Hemmungslos haben sich vor
allem Lokalfürsten verschuldet. Jede der 31 chinesischen Provinzen
sei ein Griechenland, formuliert der Finanzprofessor Larry Lang
süffisant.
Wenn China strauchelt, wird es brenzlig. Das Land ist der größte
Gläubiger der USA und der sechstwichtigste Handelspartner
Deutschlands. Chinesen kaufen mit Hingabe deutsche Autos, Maschinen
und Küchengeräte. Chinas Wohlergehen sollte uns ebenso am Herzen
liegen wie das Schicksal Griechenlands.
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