Das Versagen des Verfassungsschutzes in der
NSU-Affäre konnte verheerender nicht sein. Verfassungsschützer aus
verschiedenen Bundesländern sprachen nicht miteinander. Informationen
wurden nicht weitergegeben. V-Leute im Neonazi-Milieu wurden
straffällig. Braucht man dann überhaupt einen Verfassungsschutz? Die
Frage stellten sich viele mit einiger Berechtigung. Die Koalition
beantwortet sie mit Ja, sieht aber auch Aufräumbedarf und zieht
Konsequenzen aus dem NSU-Desaster.
Was man den Opfern und Familien der NSU-Morde angetan hat, ist
nicht wiedergutzumachen. Es bleibt aber die Verpflichtung, solche
Pannen in Zukunft zu vermeiden. Künftig sollen sich Bund und Länder
deshalb mehr austauschen, der Bund soll mehr Befugnisse erhalten. Das
ist, auch wenn die Länder protestieren, richtig. Denn wenn die
Informationsweitergabe an Landesgrenzen endet, wie das beim
NSU-Skandal der Fall war, muss gehandelt werden.
Alle Probleme sind deshalb nicht vom Tisch. Es bleibt eine
Grauzone, in der V-Leute operieren. Sie können keine hehren
Lichtgestalten sein, wenn sie in den rechts- oder linksextremen
Milieus unauffällig arbeiten wollen. Aber zu führenden Akteuren, wie
dies beim NSU teilweise der Fall war, dürfen sie deshalb noch lange
nicht werden. Dass jetzt einige Regeln für V-Leute ins Gesetz
geschrieben werden, ist gut.
Vieles im System des Verfassungsschutzes aber wird immer
zweifelhaft bleiben. Es entzieht sich weitgehend parlamentarischer
Kontrolle. Es ist auf schillernde Informanten angewiesen. Auch das
neue Verbotsverfahren gegen die NPD könnte daran scheitern, dass die
Länder beweisen sollen, dass die Verfassungschutzleute abgeschaltet
sind. Das wird schwierig. Es war falsch, dass die Länder auf Biegen
und Brechen das neue NPD-Verbotsverfahren anstrengten, nur um nach
außen Flagge zu zeigen. Wichtiger als ein Verbotsverfahren gegen eine
Partei, die so vor sich hinmickert, dass sie in Umfragen nicht mehr
messbar ist, ist der alltägliche Kampf gegen Rechts- und
Linksextremismus.
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