Schwäbische Zeitung: Verschuldetes Land – Kommentar

Mitten in der Schuldenkrise weist der deutsche
Staat einen Überschuss aus. Das ist schön. Doch Selbstzufriedenheit
ist nicht angebracht: Denn Deutschland wirkt wohlhabender als es
tatsächlich ist. In den Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden
klaffen nach wie vor riesige Löcher. Der Überschuss stammt aus den
Sozialkassen – und die werden sich im nächsten Abschwung leeren, wenn
die öffentliche Hand wieder mehr für Arbeitslose, Konjunkturprogramme
und Kurzarbeit ausgeben muss. Natürlich steht Deutschland besser da
als Griechenland oder Frankreich. Aber bekanntlich ist der Einäugige
der König unter den Blinden. Der ständige Vergleich mit sklerotischen
Ländern ist gefährlich, weil er selbstgerecht und bequem macht. Und
Zufriedene lieben keine Veränderung. Dabei wären auch in Deutschland
harte Schnitte nötig. Die Verschuldung liegt bei 80 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes. Rechnet man versteckte Schulden – also
ungedeckte Verpflichtungen für Rentner, Kranke und Pflegebedürftige –
hinzu, summieren sich die Verbindlichkeiten auf sieben Billionen
Euro. Ein Land mit einem solchen Schuldenberg kann nicht zufrieden
sein, geschweige denn in Europa als Lehrmeister auftreten.

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