Ungeschickter geht es nicht. Genau in dem
Moment, in dem die Union die SPD von einer neuen Großen Koalition
überzeugen will, kommt ein CSU-Minister, bricht mit allen politischen
Gepflogenheiten und der Geschäftsordnung der Bundesregierung und
setzt seine Meinung gegen die SPD durch. Damit schwächt er die
Kanzlerin, die sich jetzt überdies den Vorwurf gefallen lassen muss,
sie habe ihren Laden nicht mehr im Griff.
Christian Schmidt verstößt gegen alle Regeln einer Großen
Koalition. So hat sich die frühere SPD-Familienministerin Manuela
Schwesig in Brüssel bei Fragen der Frauenquote aus Koalitionsräson
immer brav enthalten. Umso wütender ist die SPD. Erste Stimmen werden
laut, mit solch einer Union könne man doch im Ernst keine Bündnisse
mehr schließen. Das Ganze ist politisch so unklug, dass es kaum
vorstellbar ist, dass CSU-Chef Horst Seehofer wirklich von der
geplanten Zustimmung Schmidts im Vorfeld wusste. Wenn, dann gibt es
dafür nur eine Erklärung: Es ist ihm wichtiger, der Agrarlobby zu
gefallen, als für Deutschland eine handlungskräftige neue Regierung
auf die Beine zu stellen. Eine Armutszeugnis.
So sehr Christian Schmidt mit seinem Alleingang in der derzeitig
anfälligen Lage in Berlin der Union schadet, für sich selbst setzt er
nicht viel aufs Spiel. Denn kaum jemand ging davon aus, dass die CSU
den glanzlos gebliebenen Landwirtschaftsminister noch einmal als
Minister nominieren wird.
Nun wird ein Minister, der sich über die Weisungslage hinwegsetzt,
nomalerweise entlassen. Selbst das ist im Fall Christian Schmidt
schwierig, denn er ist nur noch geschäftsführender Minister. Und
zweitens führt er kommissarisch auch das Verkehrsministerium. Geht
er, müsste Entwicklungsminister Müller gleich drei Ministerien
übernehmen – auf derzeit unbestimmte Zeit.
Denn eines steht fest: Beschleunigt werden Verhandlungen über eine
Große Koalition nach Schmidts Alleingang bestimmt nicht. Sein
Auftreten als Vertrauensvernichter schwächt am Ende auch die Union.
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