Sind die Grünen nun nach links gerutscht? Nur
ein bisschen. Denn sie haben zwar alle Mahnungen von Winfried
Kretschmann und anderen Realos vor der Wiedereinführung einer
Vermögensteuer in den Wind geschlagen, aber immerhin beschlossen,
dass die Vermögensteuer keine Arbeitsplätze und Innovationen
gefährden darf. Allerdings hatte die Partei 2003 in Dresden schon
einmal genau den gleichen Grundsatzbeschluss gefasst. Das heißt, viel
weiter ist man nicht gekommen.
Auch der neue Kompromiss bedeutet, dass die Wähler weiter rechnen
müssen. Denn die Grünen definieren nicht, wer superreich ist und also
verschont bleiben soll. Die oft zitierte Busladung jener 62
Milliardäre, die so viel Geld hätten wie die Hälfte der Menschheit?
Oder vielleicht doch schon der Mittelständler mit 20Millionen Euro
Vermögen? Die Grünen werden kaum noch einmal den Fehler machen, dies
vor der Bundestagswahl genau zu präzisieren. Schließlich haben sie
die angekündigten Steuererhöhungen 2013 schon viele Stimmen gekostet.
Überhaupt wirkt die Partei etwas verunsichert. Der Brexit und der
Schock der Trump-Wahl sitzen ihnen in den Knochen. Auch die Grünen
laufen Gefahr, Teil jener Elite zu sein, die in den USA abgestraft
wurde und auch in Deutschland zunehmend angefeindet wird. Sie haben
sich zwar auf ihrem Parteitag für mehr Gerechtigkeit eingesetzt, aber
manchmal an der falschen Stelle. Dass sie Sanktionen für unwillige
Hartz-IV-Empfänger streichen wollen, wird von vielen, die sich
täglich bei ihrer Arbeit abmühen, vermutlich nicht verstanden werden.
Das klare Bekenntnis zu Europa und seinen Werten dagegen ziert die
Grünen ebenso wie die Einladung an Daimler-Chef Zetsche. Beim
Klimaschutz bleiben sie streitlustig. Ihre Forderung, bis 2030 keine
neuen Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen, zeigt, dass die Grünen,
wie früher beim Atomausstieg, nicht müde geworden sind, dicke Bretter
zu bohren. Und manchmal finden sie ja, wie beim Atomausstieg, dann
doch noch überraschende Verbündete.
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