Was hat am Sonntag diesen Marsch der Millionen
in Frankreich so eindrücklich – man könnte auch sagen: authentisch –
gemacht? Es war die Klarheit seiner Intention, die man am besten mit
dem Wort Trotz umschreibt. Extremisten und Mörder abzulehnen, das ist
eine schiere Selbstverständlichkeit. Im Angesicht ihrer Gräueltaten
aufzustehen und gemeinsam die Grundwerte der Gesellschaft
dagegenzuhalten, das ist ein starkes, ein souveränes Signal.
Unzählige in die Luft gehaltene Zeichenstifte haben dieses trotzige
„Jetzt erst recht!“ symbolisiert. Kurz: Was die Welt in Frankreich
gesehen hat, war eine gewaltige Pro- und keine dumpfe
Kontra-Demonstration.
Das kann das Verständnis dafür erleichtern, dass sich die Kollegen
der ermordeten Karikaturisten massiv dagegen verwahren, mit den
Pegida-Demonstranten in einem Boot zu sitzen. Deren Trauer um die
Mordopfer kommt so scheinheilig daher, wie ihre Furcht vor einer
Islamisierung des Abendlandes merkwürdig anmutet. Bei Pegida sind
Klarheit und Diffuses in einem unguten Mischungsverhältnis vorhanden.
Klar ist: Ein harter Kern kommt aus der Rechtsaußen-Szene, und dessen
Ziele würden die Gesellschaft schlicht ins Verderben stürzen.
Rechtsextremisten und islamistische Extremisten sind aus ähnlichem
Holz geschnitzt.
Was aber will das Gros der Demonstranten? Mit der Klarheit ist es
hier zu Ende, es wird diffus. Möglicherweise verwechseln manche die
Entchristlichung des Abendlandes mit seiner Islamisierung. In diesem
Fall wären die Muslime allerdings unschuldig. Ansonsten ist diversen
verschwurbelten Sätzen vor allem zu entnehmen, dass die Grenzen
zwischen Überfremdungsangst, pauschaler Ausländerfeindlichkeit und
aggressiver Politikverdrossenheit fließend sind. Man ahnt, wogegen
die Pegida-Leute sind, wofür sie sind, können oder wollen sie nicht
recht artikulieren. Es scheint ihnen nicht mehr vermittelbar, dass
die einzige Waffe gegen unklare Ängste die Vernunft sein kann. Sie
könnten viel von den Franzosen lernen.
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