Es gibt sicherlich klügere oder umsichtigere
Parteisprecher als Hans Michael Strepp einer war. Gestern ist der
CSU-Mann, wahrscheinlich auf Drängen seines bayerischen
Ministerpräsidenten, zurückgetreten. So nachvollziehbar und ehrenhaft
es gewesen sein mag, dass Horst Seehofer noch zu Wochenanfang diesen
Mann verteidigt hatte, so klar war auch, dass er diesen nicht lange
würde halten können. Besonders nachdem ruchbar geworden war, Strepp
habe gleich mehrmals bei öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten
versucht, Beiträge über den politischen Gegner zu verhindern. Die CSU
muss also froh sein, denn nun kann sie sich immerhin rechtzeitig vor
den Landtagswahlen nach einem Ersatzmann umschauen. Auch wenn es in
manchen Medien, besonders den öffentlich-rechtlichen Radio- und
Fernsehsendern, ganz anders und sehr, sehr aufgeregt klingen mag: die
Affäre Strepp ist keine neue Spiegel-Affäre, bei der vor einem halben
Jahrhundert eine ganze Redaktion schachmatt gesetzt wurde, weil dem
CSU-Mann Franz-Josef Strauß mancher Artikel nicht gefiel. Diese
Affäre ist auch nicht gleichzusetzen mit dem legendären Anruf des
Bundespräsidenten Christian Wulff beim Chefredakteur der
Bild-Zeitung, um Einfluss zu nehmen auf die Berichterstattung über
seine privaten Kredite. Diese Affäre in Bayern dokumentiert aber vor
allem die Doppelzüngigkeit der Parteien. Die bekennen sich natürlich
auch jetzt wieder zur Pressefreiheit, zumindest vordergründig.
Insgeheim haben die Parteien natürlich längst das Sagen in
öffentlich-rechtlichen Sendern wie ARD und ZDF. Viele leitende
Positionen in den aus Gebührengeldern finanzierten Funkhäusern werden
nach Parteizugehörigkeit vergeben, nicht primär nach journalistischer
Qualifikation. In den Sendeanstalten haben die Parteien längst den
Einfluss, von dem der tölpelhafte Hans Michael Strepp
überflüssigerweise geträumt hat. Aus einer solchen Position der
Stärke fällt ein vollmundiges Bekenntnis zur Pressefreiheit ziemlich
leicht.
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