Schwäbische Zeitung: ZF-Betriebsratschef unter Beschuss

Ravensburg – Das Arbeitsgericht Ulm befasst
sich mit mutmaßlichen Unregelmäßigkeiten beim Automobilzulieferer ZF
Friedrichshafen. Eine ZF-Betriebsrätin will vor Gericht ein
Rechtsgutachten erzwingen, das mögliche strafbare Handlungen des
Betriebsratsvorsitzenden Achim Dietrich-Stephan untersuchen soll.
Die Betriebsrätin will die Frage geklärt wissen, ob Dietrich-Stephan
seine Macht missbraucht hat, um der IG-Metall-Liste im Betriebsrat
Vorteile zu verschaffen. Gemeinsamen Recherchen der „Schwäbischen
Zeitung“ (Donnerstagsausgabe) und des „Handelsblatts“ zufolge wurde
das Gericht auf Betreiben des Mitglieds der Fraktion „Wir ZF–ler“
tätig. Rechtsanwalt Daniel Pohl aus der Friedrichshafener Kanzlei
Kubon bestätigte, die Betriebsrätin und Sprecherin dieser Liste vor
Gericht zu vertreten. „Die Antragstellerin hegt den Verdacht, dass es
möglicherweise zu Verstößen gegen das Betriebsverfassungsgesetz
gekommen sein könnte“, sagte Pohl. Womöglich hätten diese Verstöße
„auch strafrechtliche Relevanz“. Es geht zunächst um etwa ein Dutzend
Rechnungen und eine Summe von rund 140.000 Euro.

Dem ZF-Betriebsrat gehören neben Mitgliedern der IG Metall noch
Betriebsräte der Listen „Wir ZF–ler“ und der Christlichen
Gewerkschaft Metall (CGM) an. Keine der drei Gruppierungen darf vom
Arbeitgeber bevorzugt oder benachteiligt werden. Die
Betriebsratsliste „Wir ZF–ler“ will nun prüfen lassen, ob
Dietrich-Stephan sich des Betrugs schuldig gemacht und der ZF dadurch
Schaden zugefügt hat.

Dietrich-Stephan soll Rechnungen für Seminare, Druckerzeugnisse
und Broschüren als „sachlich richtig“ abgezeichnet haben, von denen
in erster Linie seine Gruppierung profitierte – und nicht der
Betriebsrat als Gremium insgesamt. Die Seminare könnten getarnte
IG-Metall-Veranstaltungen zum Wahlkampf gewesen sein. Das wäre laut
Betriebsverfassungsgesetz verboten.

ZF verwies in einer Stellungnahme auf Untersuchungen der
Konzernrevision, die „nach dem derzeitigen Stand der Prüfung die im
Raum stehenden Vorwürfe im Kern nicht bestätigt“ hätten. Auch
Dietrich-Stephan sieht sich durch den Revisionsbericht entlastet.
ZF-Personalvorstand Jürgen Holeksa war seit August 2014 über die
Vorwürfe gegen den Betriebsratschef informiert. Der Revisionsbericht
lag allerdings erst ein halbes Jahr später vor.

Der Streit innerhalb des ZF-Betriebsrats schwelt schon lange.
Einige Betriebsräte und auch Arbeitgebervertreter lasten
Dietrich-Stephan an, er gefährde durch seine kompromisslose Linie die
Zukunft der Produktion in Friedrichshafen.

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