Schwäbische Zeitung: Zum Kundgebungsverbot in Dresden: Es gibt keine verbotene Meinung

Man muss kein Freund von Pegida sein, um nach
der Absage der montäglichen Demonstration der Bewegung ein mulmiges
Bauchgefühl zu bekommen. Wenn in einem freiheitlichen Rechtsstaat
öffentliche Kundgebungen aufgrund von Terrordrohungen abgesagt
werden, sollte das allen Demokraten zu denken geben.

In einem freien Land darf jeder öffentlich für seine Meinung
einstehen – egal, was andere davon halten und egal, wie „richtig“
oder „wahr“ diese Meinung ist. Abgesehen von extremsten Ansichten,
deren Verbreitung strafrechtlich relevant ist, gibt es schlichtweg
keine verbotene Meinung. Dass die Behörden alle Demonstrationen am
Montag in Dresden verboten haben, mag derzeit aus Sicherheitsgründen
sinnvoll sein – auf Dauer ist das kein akzeptabler Zustand in einer
Demokratie.

Es gibt übrigens entgegen manch leichtfertiger Behauptung auch
qualitative Unterschiede zwischen Pegida und dem radikalen
Islamismus, der weltweit Terror verbreitet und Menschen tötet –
übrigens zumeist Muslime. Gewalt ist nämlich von der Dresdner
Protestbewegung noch nicht ausgegangen. Dort nehmen Demonstranten ein
Grundrecht wahr. Dass deren Meinung kritisierenswert ist und vielen
Menschen im Land nicht gefällt, ist dafür unerheblich.

Unterdessen dürften sich die Pegida-Anhänger nach der Demo-Absage
nun erst recht als Verteidiger des Abendlands sehen. Doch das sind
sie nicht, denn die Positionen der Bewegung – vom
„Lügenpresse“-Vorwurf über die Fremdenfeindlichkeit in der
Asyldebatte bis zur Huldigung des autoritären russischen Präsidenten
Wladimir Putin – passen nicht zu einer freiheitlichen, offenen
Gesellschaft. Vielmehr propagiert Pegida antiliberale Deutschtümelei,
die auch angesichts der Globalisierung im 21. Jahrhundert nicht die
Zukunft eines weltoffenen Landes sein kann.

Dass aber die Demonstranten öffentlich ihre Ansichten vertreten
dürfen, daran besteht kein Zweifel. Dem Aufklärer Voltaire wird das
Zitat zugeschrieben: „Ich verachte Ihre Meinung, aber ich würde mein
Leben dafür geben, dass Sie sie sagen dürfen.“

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