Schwäbische Zeitung: Zur Europawahl: Demagogen demaskieren

Wahrscheinlich hat der Historiker Michael
Wolffsohn recht: Wir sollten einfach einmal innehalten, nachdenken,
uns umschauen und aufhören zu meckern! Wolffsohn fragt, wann und wo
es den Menschen je so gut ging wie uns EU-Europäern. Trotz der
objektiv guten Lage nehmen unpolitische Menschen das Privileg des
Friedens wie des Wohlstands als Selbstverständlichkeit wahr.
Schlimmer, sie verbrämen ihr Nicht-wählen-gehen als Lebensgefühl und
verweisen stolz auf ihre ganz persönliche Missachtung der Politik.

Ein Stück weiter gehen die Populisten von links und rechts. Sie
machen mehrheitlich die Repräsentanten der demokratischen Staaten
verächtlich, seien es die Kandidaten oder die sie tragenden Parteien.
Die Extreme berühren sich bei ihrer Kritik an der Europäischen Union.
In vielen Punkten sind sich die Funktionäre von der Linken, der AfD
und der österreichischen FPÖ einig. Im Prinzip ist das ein einfach zu
durchschauendes Spiel, dennoch machen mittlerweile viele Menschen ihr
Kreuz bei den Eurofeinden.

Das Abstimmungsverhalten kann auch anders gelesen werden. Die
große Mehrheit der Wähler hat sich für die Europäische Union
ausgesprochen. Die EU wird als das wahrgenommen, was sie ist: ein
Garant für Frieden und Freiheit mit allen daraus folgenden
Annehmlichkeiten. Für die große Mehrheit der EU-Bürger ist die
europäische Einigung ein Hoffnungsprojekt. Das gilt für
Christdemokraten, Sozialdemokraten, Grüne und Liberale. Wem dies zu
pathetisch klingt, der möge doch einmal in Richtung Ukraine schauen,
wo die Kriegsgefahr ganz real ist und die Menschen – wo sie es
konnten – in Scharen in die Wahllokale strömten.

Die EU wird damit leben müssen, dass in ihrem Parlament mehr
Rechtspopulisten und Faschisten sitzen. Diese Hardliner sind zu
keiner gemeinsamen Politik fähig und sind sich je nach Herkunftsland
spinnefeind. Sie zu demaskieren ist eine der Hauptaufgaben der jetzt
gewählten EU-Politiker, ganz gleich welcher politischen Couleur.

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