ZF-Chef Stefan Sommer hat ein Meisterstück
vollbracht. Vom Gedankenspiel, sich mit TRW zu verbünden, bis zur
Übernahme des US-Zulieferers verging kaum ein Jahr. ZF zählt nun zu
den weltweit größten Ausrüstern der Autoindustrie. Sommer erwies sich
als kühner Stratege und gewiefter Diplomat. In Deutschland gewann er
die Gewerkschaft, in Amerika überzeugte er die Aktionäre. Die letzten
Kritiker verstummten, als der konservativ angelegte Finanzierungsplan
vorlag: ZF-Finanzchef Konstantin Sauer beschaffte zu besten
Konditionen Milliarden an den Kapitalmärkten. Die Übernahme lief wie
aus dem Lehrbuch.
Jetzt allerdings folgt eine gefährliche Zeit für ZF. Konkurrenten
werden versuchen, die besten Leute von TRW abzuwerben. Sie werden dem
Zulieferer Aufträge streitig machen und Zweifel an ZF säen. Sommer
und seine Manager müssen besorgte Arbeiter beruhigen, die neue
Tochter ins Unternehmen eingliedern und ZF bei Geldgebern und
Großkunden in Amerika bekannt machen. Um diese Herausforderung zu
meistern, genügt es kaum, auf 100 Jahre Tradition zu verweisen. Von
heute an muss sich ZF von der Fixierung auf Deutschland lösen. Denn
der neue Konzern muss zwei völlig unterschiedliche Kulturen
zusammenbringen: die einer börsennotierten US-Firma, die mit
Bonuszahlungen großzügig verfährt und schnell auf Wünsche der Kunden
reagiert. Und die eines technikvernarrten Unternehmens in
Stiftungsbesitz, in dem Management und Betriebsrat eng verflochten
sind und Entscheidungen nicht immer wirtschaftlicher Notwendigkeit
gehorchen.
Die neue ZF wird ihre Schwerpunkte verlagern – vom Bodensee nach
Übersee. Der Konzern richtet sich stärker gen Asien und Amerika aus,
forscht und produziert im weltumspannenden Verbund und verhandelt auf
Augenhöhe mit den größten Autoherstellern. Im Gegenzug bietet sich
Sommer die Gelegenheit, Erbhöfe zu beseitigen, Privilegien zu beenden
und alte Zöpfe abzuschneiden. Der größte Umbau der Firmengeschichte
hat begonnen.
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