
Redakteur: Herr Schüler, Sie beraten seit vielen Jahren im Verkehrsrecht. Wie schnell kann es tatsächlich passieren, dass man den Führerschein verliert?
RA Schüler: Erschreckend schnell. Viele Menschen glauben, der Führerschein sei eine Selbstverständlichkeit. Doch ein kurzer Moment der Unachtsamkeit – zum Beispiel bei zu hoher Geschwindigkeit, einem Handy am Steuer oder einem Rotlichtverstoß – kann bereits Punkte oder sogar ein Fahrverbot zur Folge haben. Wer dann bereits „vorbelastet“ ist, etwa durch frühere Einträge in Flensburg, riskiert sehr schnell den vollständigen Entzug der Fahrerlaubnis.
Redakteur: Welche Verstöße führen besonders häufig zu Problemen?
RA Schüler: Die häufigsten Ursachen sind eindeutig Tempoverstöße, Handyverstöße, Alkoholfahrten und das Überfahren roter Ampeln. Aber auch Abstandsunterschreitungen oder Straßenverkehrsgefährdung durch aggressive Fahrweise spielen eine Rolle. Viele Betroffene sind überrascht, dass selbst ein vermeintlich kleiner Verstoß massive Folgen haben kann – vor allem bei Wiederholungstätern oder in der Probezeit.
Redakteur: Wann kommt es zu einem Fahrverbot, und wann wird die Fahrerlaubnis ganz entzogen?
RA Schüler: Ein Fahrverbot wird in der Regel bei schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten verhängt – zum Beispiel bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 26 km/h oder einem Rotlichtverstoß mit Gefährdung. Das Fahrverbot dauert meist 1 bis 3 Monate, danach erhält man den Führerschein zurück. Der Entzug der Fahrerlaubnis ist wesentlich gravierender. Er wird bei Straftaten im Straßenverkehr ausgesprochen – etwa bei Trunkenheit, Drogenfahrten oder Fahrerflucht. Dann muss die Fahrerlaubnis neu beantragt werden, oft verbunden mit einer MPU.
Redakteur: Also kann auch eine MPU drohen?
RA Schüler: Ja, und zwar nicht nur bei Alkohol oder Drogen. Auch wer häufig durch Verkehrsverstöße auffällt oder ein hohes Punktestand in Flensburg hat, kann zur medizinisch-psychologischen Untersuchung verpflichtet werden. Die MPU ist für viele eine große Hürde. Wer sich nicht gut vorbereitet, fällt durch – und bekommt die Fahrerlaubnis nicht zurück.
Redakteur: Können Sie uns einen typischen Fall aus Ihrer Kanzlei schildern?
RA Schüler: Natürlich. Ein Mandant wurde dreimal innerhalb eines Jahres mit über 25 km/h zu schnell geblitzt. Beim dritten Mal wurde ein Fahrverbot ausgesprochen, das mit früheren Verstößen zusammen auf 8 Punkte in Flensburg führte – was den automatischen Entzug der Fahrerlaubnis bedeutete. Er war beruflich auf das Auto angewiesen. Zum Glück konnten wir durch rechtzeitige Einsprüche und Verfahrensfehler den Punktestand noch reduzieren und das Fahrverbot in eine Geldstrafe umwandeln.
Redakteur: Was raten Sie Menschen, die Post vom Ordnungsamt oder der Fahrerlaubnisbehörde bekommen?
RA Schüler: Nicht zögern, sondern sofort juristischen Rat einholen. Oft stehen Betroffene unter Schock oder handeln unüberlegt – etwa indem sie Bußgelder ungeprüft zahlen, obwohl diese mit Punkten oder einem Fahrverbot verbunden sind. Gerade in diesen Situationen lässt sich noch viel bewegen, sei es durch Akteneinsicht, Beweisanalyse oder verkehrspsychologische Beratung.
Redakteur: Gibt es auch Möglichkeiten, Fahrverbote zu umgehen?
RA Schüler: In bestimmten Fällen ja. Bei einem sogenannten Erstverstoß kann das Fahrverbot durch eine erhöhte Geldbuße ersetzt werden – das nennt sich „Absehen vom Regelfahrverbot“. Auch bei beruflicher Unzumutbarkeit – etwa bei drohendem Arbeitsplatzverlust – kann unter Umständen eine Aussetzung erreicht werden. Voraussetzung ist aber immer eine fundierte, frühzeitige Argumentation – genau das leiste ich für meine Mandanten.
Redakteur: Und was passiert, wenn der Führerschein bereits weg ist?
RA Schüler: Dann prüfe ich, ob eine Sperrfristverkürzung möglich ist oder ob die Voraussetzungen für eine Wiedererteilung gegeben sind. Wer zur MPU muss, dem rate ich dringend zur Vorbereitung – idealerweise mit professioneller Hilfe. Ich begleite den gesamten Prozess juristisch und organisiere im Bedarfsfall auch Fachstellen für Verkehrstherapie oder psychologische Gutachten.
Redakteur: Gibt es Gruppen, die besonders gefährdet sind?
RA Schüler: Ja – allen voran Fahranfänger in der Probezeit, aber auch Vielfahrer wie Pendler oder Berufskraftfahrer. Wer regelmäßig unterwegs ist, hat naturgemäß ein höheres Risiko, geblitzt oder kontrolliert zu werden. Und je höher die Frequenz, desto schneller summieren sich Punkte. Das Problem: Viele Verstöße wirken auf den ersten Blick harmlos – doch im Hintergrund wächst das Punktekonto, bis es plötzlich zu spät ist.
Redakteur: Was ist Ihr wichtigster Rat?
RA Schüler: Lassen Sie es nicht so weit kommen. Vermeiden Sie unnötige Risiken im Straßenverkehr, fahren Sie defensiv, und holen Sie sich rechtzeitig rechtlichen Beistand, wenn ein Verfahren läuft. Der Führerschein ist schnell weg – aber oft auch vermeidbar, wenn man früh handelt.
Redakteur: Herr Schüler, vielen Dank für das Gespräch.
RA Schüler: Sehr gern.