Sozialarbeiter sehen Sozialstaat und sozialen Frieden in Gefahr

Der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit
(DBSH) warnt in seiner „Saarbrücker Erklärung“ angesichts der
fortgesetzten Kürzungen bei sozialen Leistungen und Diensten vor
einer wachsenden Spaltung der Gesellschaft. Stattdessen fordert der
Verband von der Politik ein wirkliches „Armutsbekämpfungskonzept“ und
eine solidarische Beteiligung der Bezieher von höheren Einkommen und
von Unternehmen an den Sozialkosten. Um dies durchzusetzen, müsse die
Soziale Arbeit politischer werden, so der 1. Vorsitzende des DBSH,
Michael Leinenbach: „Es ist ethische Verpflichtung der Profession
sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen“.

Als Beispiel nennt der Verband die Kürzungen des Elterngeldes:
Nach einer beispiellosen Diffamierung der sog. „Hartz IV – Empfänger“
würden die aktuell von der Bundesregierung beschlossenen
Haushaltskürzungen zuerst die von Armut betroffenen Menschen treffen.
Bereits mit der Einführung des neuen Elterngeldes Anfang 2007 wurde
für sie die Bezugsdauer im Vergleich zum früheren Erziehungsgeld von
24 auf 12 Monate begrenzt, nunmehr sollen „Hartz IV“-Empfänger ganz
auf Unterstützung für ihre neu geborenen Kinder verzichten – und dies
trotz der allerorten beklagten Kinderarmut. Die Politik, bei armen
Familien zu kürzen, ist aus den USA bestens bekannt. Dort begrenzte
Bill Clinton 1977 die Unterstützung für die Kinder von
SozialhilfeempfängerInnen. Dahinter steht der Glaube, dass sich Armut
quasi biologisch vermehrt und ein Absenken von staatlicher
Unterstützung dazu führt, dass einkommensschwache Familien keine
Kinder mehr bekommen und so die Armut bekämpft wird. „Eine solche
Botschaft ist unethisch und geht an der sozialen Realität vorbei“, so
Friedrich Maus vom Vorstand des DBSH.

Doch dies ist nicht die einzige geplante Kürzung – wieder einmal
sind es Erwerbslose, Gering- und Wenigverdiener, die die Lasten der
Krise tragen sollen und sich in Zukunft noch weniger als bisher auf
staatliche Hilfe und Förderung zur Selbsthilfe verlassen können. In
Folge der immer dramatischer werdenden Finanzsituation der Kommunen
werden viele unterstützende soziale Dienste ihre Angebote
einschränken oder gar einstellen müssen. Bereits heute können in
vielen Bereichen soziale Dienste nur noch symbolische Hilfen anbieten
oder auf „Tafeln“ oder „Suppenküchen“ verweisen.

Nicht wenige Tätigkeitsfelder der Sozialen Arbeit selbst sind
Opfer neoliberaler Politikansätze: Statt langfristig wirksamer Hilfe
und Förderung soll Soziale Arbeit nur noch dazu beitragen, mögliche
Ansprüche von Menschen in Not zu minimieren. Damit verbunden
verschlechtern sind die Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit
zusehends. „Leiharbeit zu Minilöhnen, Ausstieg aus Tarifverträgen und
das Missachten von gesetzlichen Standards – alles das, was in der
Privatwirtschaft beklagt wird – findet sich zum Teil verschärft auch
in den sozialen Diensten wieder“, so Michael Leinenbach, 1.
Vorsitzender des DBSH.

In dieser Situation bestärkt der Deutsche Berufsverband für
Soziale Arbeit (DBSH) in seiner aktuell verabschiedeten „Saarbrücker
Erklärung“ die besondere Verpflichtung der Profession zur Parteinahme
für Arme und für die Verpflichtung der Politik, ein wirksames
„Armutsbekämpfungskonzept“ vorzulegen. Der DBSH fordert eine Vielzahl
von Maßnahmen zur Förderung und Hilfe für Menschen mit
Unterstützungsbedarf, sowie Verbesserungen in den Bereichen
Erziehung, Bildung, Pflege und Gesundheit. Für soziale
Dienstleistungen muss es darüber hinaus festgesetzte Standards geben,
um Quantität und Qualität zu sichern. „Hilfe darf nicht zur Marktware
verkommen“, so der Verband.

Der DBSH ist sich dabei bewusst, dass dies mit den vorhandenen
Finanzmitteln nicht zu realisieren ist: „Wenn der soziale Frieden in
der Gesellschaft erhalten bleiben soll, so bedarf es einer
solidarischen Haltung vor allem der Menschen mit höherem Einkommen“,
so Michael Leinenbach, erster Vorsitzender des DBSH“. Gefordert
werden eine solidarische Absicherung im Gesundheitsbereich, eine
breitere Einnahmebasis für die Rentenversicherung, eine Erhöhung der
Einkommenssteuer, eine besondere Beteiligung großer Vermögen, eine
gerechte Erbschaftssteuer sowie Steuern auf Boni und
Spekulationsgewinne.

Die „Saarbrücker Erklärung“ findet sich unter
http://www.dbsh.de/Saarbruecker-Erklaerung.pdf

Pressekontakt:
Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. (DBSH)
Wilfried Nodes
Pressesprecher
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Tel.: 0 79 46 – 9 44 02 87
Mobil: 01 72 – 2 65 49 05