stern.de: CD-Käufe machen Steuerhinterzieher nervös – Fast 28.000 Selbstanzeigen – Die meisten Steuersünder kommen aus Baden-Württemberg

Der anhaltende Steuerstreit zwischen Deutschland
und der Schweiz und die umstrittenen Daten-CD-Käufe durch deutsche
Steuerfahnder machen offenbar viele Steuerhinterzieher nervös. Nach
aktuellen Recherchen von stern.de haben von 2010 bis Anfang September
2012 fast 28.000 Bürger mit bisher unversteuertem Kapital in der
Schweiz eine Selbstanzeige bei den Finanzämtern eingereicht. Die
Behörden schätzen, dass dadurch insgesamt knapp 1,6 Milliarden Euro
Mehreinnahmen (Nachversteuerung und Strafzahlungen) in die
Landeskassen fließen werden. Für den Ankauf sämtlicher Steuer-CDs
haben die Länder bis jetzt rund 12,4 Millionen Euro ausgegeben. Die
meisten reuigen Steuersünder Deutschlands sitzen in
Baden-Württemberg, die größten hingegen in Schleswig-Holstein.

Die Mehreinnahmen errechnen sich ab 2010 – sie liegen mutmaßlich
noch höher, da Niedersachsen und Bayern hierzu keine Angaben machen.
Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) geht
für den Zeitraum seit 2008 von Gesamt-Mehreinnahmen durch
Steuer-CD-Ankäufe in Höhe von mehr als 2,5 Milliarden Euro aus.

Seit dem Ankauf einer CD mit Kundendaten der Schweizer Bank Credit
Suisse im Februar 2010 registrierten die Finanzbehörden der Länder
insgesamt 27.685 Selbstanzeigen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen in
der Schweiz und Liechtenstein. (Stichtag ist Mitte August bis Anfang
September 2012 – die Länder erheben die Daten unterschiedlich). Die
meisten Selbstanzeigen verzeichnet Baden-Württemberg (9689
Selbstanzeigen, 321 Millionen Euro Mehreinnahmen). Es folgen
Nordrhein-Westfalen (6505, 300 Mio. Euro), Hessen (4212, 444 Mio.
Euro) und Rheinland-Pfalz (2493, 160 Mio. Euro).

Gemessen an der Einwohnerzahl gingen die meisten Selbstanzeigen
ebenfalls in Baden-Württemberg ein (76 je 100.000 Einwohner). Hessen
(69), Rheinland-Pfalz (62) und Hamburg (48) folgen auf den Plätzen
zwei bis vier. Mit deutlichem Abstand zu allen anderen Bundesländern
belegen die fünf ostdeutschen Flächen-Länder die letzten Plätze, mit
nur einer bis drei Selbstanzeigen je 100.000 Einwohner.

Die größten Steuersünder wohnen in Schleswig-Holstein: Die
Landeskasse erhält hier im Durchschnitt rund 170.000 Euro aus jeder
Selbstanzeige. In Sachsen-Anhalt sind es 123.000 Euro, im Saarland
107.000 Euro und in Hessen 105.000 Euro. In Baden-Württemberg, dem
Land mit den meisten Selbstanzeigen, wurden im Schnitt „nur“ 33.000
Euro Mehreinnahmen registriert.

Der mit Abstand größte Teil aller Selbstanzeigen ging im ersten
Halbjahr 2010 bei den Finanzbehörden ein, nachdem das Land
Nordrhein-Westfalen eine CD mit Kontodaten von Kunden der Credit
Suisse angekauft hatte. Seit Kurzem suchen wieder vermehrt
Steuerhinterzieher den Weg in die Legalität: Allein im Juli und
August 2012 wurden fast so viele Selbstanzeigen registriert wie im
gesamten ersten Halbjahr. Auch in Schleswig-Holstein nahmen die
Selbstanzeigen in den vergangenen beiden Monaten spürbar zu. „Die
CD-Ankäufe sind zurzeit wirksamer als mit einem löchrigen
Steuerabkommen zu drohen“, sagte die Finanzministerin des Landes,
Monika Heinold (B90/Grüne), zu stern.de.

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