Auf Bundespräsident Christian Wulff (CDU) kommen
im Zusammenhang mit dem Privatkredit der Unternehmergattin Edith
Geerkens weitere Fragen zu. Nach Recherchen des Online-Magazins
stern.de war ihr Mann Egon Geerkens dreimal Teilnehmer von
Wirtschaftsdelegationen bei Auslandsreisen, die Wulff als
niedersächsischer Ministerpräsident unternahm. Weder bei seinen
Vorgängern im Amt des Ministerpräsidenten noch bei seinem Nachfolger
David McAllister (CDU) gehörte Geerkens zu derartigen Delegationen.
Edith Geerkens hatte im Oktober 2008 Wulff und seiner Frau Bettina
einen Privatkredit zu günstigen Konditionen gewährt. Ihr Gatte, der
nach Informationen von stern.de seit 2003 in der Schweiz lebt, ist
ein Geschäftsmann aus Wulffs Heimatstadt Osnabrück.
Bereits im Januar 2010 hatten die Reiseteilnahmen für kritische
Anmerkungen der Opposition gesorgt. Der damalige niedersächsische
SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner stellte die Frage, warum „ein
ehemaliger Familienunternehmer, der in der Schweiz seinen Ruhestand
und den Lohn seiner Arbeit genießt“ als Teil einer
Wirtschaftsdelegation gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten ins
Ausland reise. Geerkens– Ehefrau bestätigte jetzt stern.de,
dass ihr Mann seit der Aufgabe eines Juweliergeschäfts in Osnabrück
im Jahr 2007 keine geschäftlichen Aktivitäten in Niedersachsen mehr
unterhalte.
Edith Geerkens verteidigte die Konditionen des Privatkredits
gegenüber stern.de. Die von ihr mit den Wulffs vereinbarten Zinsen
von vier Prozent, so Geerkens, „entsprachen den zu erwartenden Zinsen
einer Bankanlage“, wobei zu berücksichtigen sei, dass damals in der
Bankenkrise „Bankanlagen als sehr unsicher galten“. Edith Geerkens
hatte seinerzeit auch darauf verzichtet, ins Grundbuch eingetragen zu
werden, um so das Darlehen abzusichern. Sie ließ sich auch Wulffs
Grundschuldbrief nicht notariell abtreten. Das Darlehen habe aus
ihrer Sicht „keinen Bezug zum Haus der Familie Wulff“ gehabt, sondern
wurde „privat zur freien Verfügung gewährt“, sagte sie stern.de.
Die Frankfurter FMH-Finanzberatung hat die damaligen
Kreditkonditionen privater Banken gespeichert. Sie wären für Wulff
deutlich teurer gekommen. Die renommierte Münchner Hyp zum Beispiel
hätte zum Stichtag 20. Oktober 2008 bei fünf Jahren Laufzeit und 100
Prozent Beleihungswert damals 5,32 Prozent Zinsen verlangt. Legt man
diese Konditionen zu Grunde, hätten die Wulffs dank Geerkens
jährliche Zinskosten von 6600 Euro gespart und über die ursprünglich
geplante Gesamtdauer des Kreditvertrages sogar 33 000 Euro. Im März
2010 lösten die Wulffs den Darlehensvertrag mit Geerkens jedoch durch
einen Kredit der BW-Bank ab, einer Tochter der
baden-württembergischen Landesbank LBBW. Heute lässt Wulff
verbreiten, dass der Geerkens-Kredit ohnehin nur als
Zwischenfinanzierung gedacht gewesen sei. Anfang 2010 habe es dann
auch auf dem Kreditmarkt günstigere Zinssätze gegeben als seinerzeit
mit der Unternehmergattin vereinbart.
Allerdings setzte Wulff auch nach dem Wechsel zur BW-Bank sein
Versteckspiel noch eine Weile fort. Als der stern erstmals im Februar
diesen Jahres im Präsidialamt anfragte, wer das Haus in Großburgwedel
finanziert habe, ließ Wulff erklären, die BW-Bank „war und ist der
Kreditgeber“ – und erweckte damit den Eindruck, dass das Stuttgarter
Institut von Anfang der Geschäftspartner gewesen sei.
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