Haben Politiker nicht eine Vorbildfunktion? Das
ist schnell und leicht gesagt. Wer in der Öffentlichkeit steht,
trägt Verantwortung für sein Handeln und Reden. Schon klar. Aber in
der Rede von der Vorbildfunktion schwingt oft genug eine Art
monarchistischer Reflex mit, die Sehnsucht nach dem Ideal eines
unbefleckten Quasi-Heiligen, der über den Wirrnissen des Alltags mit
all seinen Halbschatten und Zweideutigkeiten steht. Wieso aber
sollte der Gewählte besser sein als die Wählenden? Das Ideal in einem
demokratischen Gemeinwesen ist nicht der makellose Führer, sondern
ein Parlament, das einen Querschnitt der Gesellschaft darstellt. Dann
darf es nicht wundern, wenn die Abgeordneten denselben Versuchungen
ausgesetzt sind und dieselben Schwächen zeigen wie jeder andere eben
auch.
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