Stuttgarter Zeitung: Kommentar zu OECD-Bericht/Deutschland

Der jüngste Bericht der OECD zur
wirtschaftlichen Lage in Deutschland kommt gerade recht, um die
schwelende Strategie- und Umverteilungsdebatte in der SPD zu
befeuern. Die Organisation kommt zu dem Schluss, dass der
Wirtschaftsaufschwung vor allem jenen zugute kommt, die ohnehin wenig
Grund zur Klage haben. Die Chancen von Geringverdienern und sozial
Abgehängten, durch eigene Leistung aufzusteigen, haben sich laut OECD
sogar verschlechtert, was auch damit zu tun habe, dass der Faktor
Arbeit zu stark belastet sei.

Zwar dürfte Sigmar Gabriel gefallen, dass die OECD die Einführung
eines Mindestlohns lobt. Aber der Bericht wirft Verteilungsfragen
auf, die der SPD-Chef in seiner Partei eigentlich für beendet erklärt
hat. Der Vizekanzler will die SPD wieder in der Mitte des
Parteienspektrums positionieren. Er ist nach dem zweitschlechtesten
Bundestagswahlergebnis zu dem Schluss gekommen, dass es offenbar
keine gute Idee war, auf Steuererhöhungen zu setzen. Eben diese wären
aber notwendig, wenn Gabriel den Empfehlungen der OECD zur
Verringerung der Kluft zwischen Arm und Reich folgen wollte. Dann
müsste die Regierung übrigens auch die Löhne von Sozialabgaben
entlasten. Mit dem Rentenpaket hat die Koalition aber langfristig
soeben das Gegenteil beschlossen.

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