Südwest Presse: KOMMENTAR · ALKOHOLVERKAUFSVERBOT

Nüchtern betrachtet

Ganz überraschend kommt der Befund nicht: Das bei seiner
Einführung überaus umstrittene nächtliche Alkoholverkaufsverbot an
Tankstellen und in Supermärkten wirkt. Es tut dies nicht im Übermaß
und nicht bei allen Problemgruppen. Aber es ist eine der Ursachen für
eine erfreuliche Entwicklung: den Rückgang von Alkoholexzessen bei
Kindern und Jugendlichen. Damit weist sich, was Suchtforscher schon
lange predigen und eigentlich nach einer Binsenweisheit klingt: Bei
eingeschränkter Verfügbarkeit sinkt der Missbrauch von
Hochprozentigem automatisch. Und anders als von Kritikern gedacht,
kaufen viele trink- und experimentierfreudige Jugendliche Alkohol
situationsabhängig und nicht planvoll auf Vorrat. Das rechtfertigt im
Nachhinein ein Verbot, das auch deshalb seine Berechtigung hat, weil
Schnapsverkauf schon aus Sicht der Straßenverkehrsteilnehmer nicht
zum Kerngeschäft von Tankstellen gehören sollte. Nüchtern betrachtet
ist der baden-württembergische Sonderweg aber nur ein Baustein auf
dem schwierigen Weg, einen vernünftigen Umgang mit Alkohol zu finden.
Allein seligmachend ist er nicht. Denn trotz des aktuellen Rückgangs
werden auch hierzulande noch immer deutlich mehr Minderjährige mit
einem Vollrausch in die Klinik eingeliefert als zu Beginn dieses
Jahrtausends. Die Landesregierung liegt daher richtig, wenn sie nicht
nur auf Verbote, sondern auch auf Prävention setzt.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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