Südwest Presse: KOMMENTAR · BUNDESPRÄSIDENT

Reuiger Sünder

Christian Wulff hat sich, wenn auch mit Verzögerung, in die Rolle
des reuigen Sünders begeben. Das ist, zumal für einen
Bundespräsidenten, kein leichter Schritt, denn er gesteht ja nicht
nur einen Fehler ein, sondern zugleich den Verstoß gegen jenen
Anspruch, dem er sich selbst verpflichtet fühlt: Es ist die
Erwartung, dass sich unser Staatsoberhaupt – wie eigentlich alle
Inhaber eines öffentlichen Amtes – in besonderem Maße an moralische
Regeln hält, an Rechtschaffenheit und Wahrhaftigkeit. Es ist dem
Präsidenten wohl gerade noch zur rechten Zeit klar geworden, dass er
seine Kreditaffäre nicht aussitzen kann, ohne sich selbst und seinem
Amt weiter zu schaden. Es war schon bisher nicht zu übersehen, wie
schwer sich sogar seine parteipolitischen Weggefährten damit taten,
dass Christian Wulff bei den parlamentarischen Nachfragen in
Niedersachsen keine Auskunft über das namhafte Privatdarlehen gegeben
hatte – und die rhetorische Verschleierung durch seinen
Pressesprecher auch noch rechtfertigen ließ. Jetzt gibt es die
Chance, alle Zweifel an der Unbedenklichkeit der finanziellen
Leihgabe öffentlich und restlos auszuräumen. Auch wenn das Geschäft
juristisch einwandfrei gewesen sein mag, bleibt die Frage möglicher
Gegenleistungen. Hier ist Christian Wulff in jeder Hinsicht
auskunftspflichtig. An der Integrität des Bundespräsidenten darf kein
Hauch von Makel haften.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218

Weitere Informationen unter:
http://