Schlechtes Zeugnis
Die Volkszählung steht vor der Tür. War das noch eine Aufregung
vor Jahrzehnten, Bürgerinitiativen liefen damals gegen die
Staatsinventur Sturm. Weil selbst das Bundesverfassungsgericht
Bedenken hatte und den Zensus erst einmal stoppte, verzögerte sich
die Datenerhebung um sechs Jahre. 1987 endlich durfte das Volk
gezählt werden. Heute ist die Lage entspannter, aber keineswegs
problemfrei. Das Bewusstsein der Bürger für den Datenschutz ist
seither gewachsen, zum Glück auch das Arsenal gesetzlicher Vorgaben
und Kontrollinstrumente. Daher blickt der Bundesbeauftragte für den
Datenschutz einigermaßen gelassen auf die neue Volkszählung, denn die
dort erhobenen Daten unterliegen einer strengen Zweckbindung, die
Überwachung durch die Behörden erscheint gesichert. Weniger positiv
stellt sich die schwarz-gelbe Zwischenbilanz zum Datenschutz dar.
Viel versprochen, kaum etwas gehalten. Der Gesetzgeber trägt dem
Bedarf an technischen wie rechtlichen Schutzmaßnahmen nicht Rechnung.
Weder auf nationaler Ebene noch bei europäischen Vorgaben. Nicht
einmal die von der Koalition angekündigte Stiftung Datenschutz wird
zur Halbzeit der Wahlperiode das Licht der Welt erblicken. Dabei
ließen sich durch mehr Aufklärung und Information der Bürger über den
Datenschutz Konflikte schon im Vorfeld entschärfen. Stattdessen
blockieren sich Union und FDP gegenseitig – wie bei der
Vorratsdatenspeicherung. Wenn das so weiter geht, wird die
Schlussbilanz der Regierung nicht tröstlicher ausfallen als ihr
Zwischenzeugnis zum Datenschutz.
Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218