Londoner Don Quichote
Die wohl wichtigste und größte Rede seiner Amtszeit hielt Cameron
in einem schlichten Konferenzsaal. Der Chef der Konservativen hat
damit zunächst einmal die Bruchstellen in seiner Partei gekittet, die
wegen ihres EU-Streits so manche Wahl verloren hat. Mit einem
Referendum können die Torys der „UKIP“, einer rabiat EU-feindlichen
Splitterpartei, zu der viele „euroskeptische“ Stammwähler der
Konservativen übergelaufen sind, einigen Wind aus den Segeln nehmen.
Die EU-Gegner in Camerons Fraktion bekommen Oberwasser, weil sie
glauben, dass das Referendum natürlich zum britischen Austritt führen
wird. Der pragmatische und europafreundlichere Teil der Konservativen
ist dagegen von einem positiven Volksentscheid für die EU überzeugt.
Die Labour-Opposition wurde ziemlich kalt erwischt. Sie lehnt es
rundweg ab und wird einige Schwierigkeiten haben, diese Haltung den
Wähler zu erklären. Doch es gibt große Fragezeichen. Um ein
Referendum anzusetzen, muss Cameron erst wieder gewählt werden. Die
Wahlprognosen sprechen im Augenblick klar dagegen. Cameron benötigt
aber sogar einen Erdrutschsieg für eine Alleinregierung. Sein
Koalitionspartner, die Liberaldemokraten, würde einen Volksentscheid
nicht mittragen. Cameron wurde aus innenpolitischem Kalkül zu einem
Don Quichote, der gegen die Brüsseler Windmühlen anreitet. Zur
Herausforderung der wirtschaftlichen Misere des Vereinigten
Königreiches und zu den Auswirkungen des drakonischen Sparkurses der
Regierung dagegen hat Cameron nichts gesagt. Großbritanniens Krise
hängt nicht von einem „Yes“ oder „No“ zur EU ab.
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