Südwest Presse: KOMMENTAR · GRIECHENLAND

Alles oder Nichts

Wer bei jeder Gelegenheit mehr Bürgerbeteiligung fordert, der darf
jetzt nicht gleich über Giorgos Papandreou herfallen, weil er den
Rettungsplan der EU mit seinem Vorstoß ins Wanken bringt. Zu beneiden
ist der griechische Premier nicht: Er muss eine Malaise ausbaden, die
ihm seine Vorgänger eingebrockt haben – und findet dafür weder in der
Bevölkerung noch in der Opposition Verständnis, geschweige denn
Unterstützung. Mit seiner jetzigen Volte allerdings spielt Papandreou
„Alles oder Nichts“ – mit mäßiger Siegchance. Mit der Zustimmung des
Volkes könnte er seine Rosskur für das Land zwar fortsetzen.
Ansonsten aber wird er politischer Frührentner und in Athen muss
jemand anderes um Lösungen ringen. Sollte das der populistische
Oppositionschef Samaras sein, der noch keinen konstruktiven
Lösungsansatz präsentiert hat, dann steht den übrigen Europäern noch
Schlimmeres bevor. Zunächst wirft Papandreou mit seinem Alleingang
aber alle in der langen Nacht in Brüssel vereinbarten Planungen über
den Haufen und bringt die Finanzmärkte erneut in Wallung. Dafür ist
ihm der Zorn von Merkel, Sarkozy & Co gewiss. Doch abgesehen vom
Ärger darüber, dass da jemand einfach eigene Wege geht, ohne zu
fragen, ändert sich nicht wirklich viel. Die finanzielle Rettung
Griechenlands und die Wahrung der Euro-Stabilität stehen ebenso auf
der Kippe wie Papandreous Schicksal – das war schon vor zwei Tagen
so.

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Lothar Tolks
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