Südwest Presse: KOMMENTAR · MAUT

Kasperltheater

Horst Seehofer ist keineswegs der erste CSU-Chef, der sich mit dem
Thema PKW-Maut Watschn abholt. Sein Vor-Vorgänger Edmund Stoiber
wollte bereits 1997 eine Autobahn-Vignette durchsetzen. Er scheiterte
aber mit seinem Ansinnen schon kurz vor Stuttgart. Sein dortiger
Amtskollege und Schwester-Parteifreund Erwin Teufel ließ ihn
abblitzen – die Forderung sei auf Bundesebene chancenlos. Aber
Seehofer wäre nicht Seehofer, wenn er seine dickschädeligen
Alleingänge von rationalen Erwägungen beeinflussen ließe oder vom
Erfahrungsschatz seiner Vorgänger – zumal von Edmund Stoiber. Sein
Wahlversprechen ist in der Welt und er beharrt darauf – selbst um den
Preis, dass der CSU-Verkehrsminister in Berlin in die Rolle des
Kasperls schlüpfen muss. Nun soll er, so berichtet jedenfalls die aus
Unionskreisen gewöhnlich gut unterrichtete „Bild am Sonntag“, die
Maut zwar für alle Straßen eingeführt, aber auf Kreis- und
Landesstraßen nicht erhoben werden. Der Vorschlag sicherte Alexander
Dobrindt einen Stammplatz auf allen Kabarett-Bühnen. Ein findiger
Linken-Abgeordneter hat gleich recherchiert, dass damit auf 650 000
Kilometern Straße die Maut eingeführt, aber nur auf 53 000 Kilometern
erhoben würde. Unter diesen Umständen muss man sich fragen, ob nicht
auch die Kfz-Steuer viel niedriger sein müsste für Autobesitzer, die
nur auf Kreis- und Landesstraßen fahren? Und ob nicht das ganze
Rechtssystem einmal auf die Notwendigkeit der Allgemeingültigkeit
überprüft werden müsste? Es ist zu hoffen, dass die neueste
Maut-Variante das Oktoberfest nicht überdauert.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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