Südwest Presse: KOMMENTAR · TARIFVERHANDLUNGEN

Gordischer Knoten

Fast mutet das Ringen um einen Tarifabschluss bei der Bahn wie
eine Tragikomödie an: Drei Partner treffen sich, reden miteinander,
merken, dass man keine gemeinsame Basis findet. Aber irgendwie will
man doch noch zueinander kommen und so treffen sich die Kontrahenten
getrennt, kurz hintereinander, in der Hoffnung, dass ein kleines
Wunder geschieht. Im Theaterstück werden diese Wunder gelegentlich
wahr, es gibt ein Happy End. In der Realität des unendlichen
Bahnstreits wird es diese überraschende Wendung im Stück „Weselsky
gegen den Rest der Republik“ nicht geben. Es kann sie nicht geben,
weil das entscheidende Moment zur Lösung eines Tarifkonflikts fehlt –
der Wille zum Kompromiss. Der Anspruch des Chefs der
Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, ist in Beton gegossen: Er
will sich nicht der größeren Eisenbahnergewerkschaft EVG unterwerfen,
sondern beharrt auf seinem Recht auf eigenständige
Tarifverhandlungen. Zugeständnisse gibt es bei dieser Position nicht
– hier geht es nur um ganz oder gar nicht. Sowohl der Bahn als auch
der EVG gegenüber. So positiv es ist, dass die Bahn morgen den
Gesprächsfaden wieder aufnimmt, eine Lösung wird es nicht geben. Nur
ein von außen bestellter Schlichter kann diesen gordischen Knoten
noch durchschlagen. Solange der nicht gerufen wird, heißt es für alle
Bahnkunden: Fröhliche Fahrt in eine bestreikte Adventszeit!

Pressekontakt:
Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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