Südwest Presse: KOMMENTAR zu·ÄGYPTEN Ausgabe vom 28.03.2013

KOMMENTAR zu· ÄGYPTEN

Ausgabe vom 28.03.2013 Ägypten geht den Nil herunter. Dem
politischen Patt wird wohl in absehbarer Zeit der ökonomische
Zusammenbruch folgen. Das Land hat alle wirtschaftlichen Reserven
aufgebraucht. Die große Mehrheit seiner Bewohner hat finanziell und
emotional nichts mehr zuzusetzen. Dabei wäre die Verschiebung der
Parlamentswahl auf Ende 2013 nicht nötig gewesen, wenn Präsident
Mohammed Mursi und seine Muslimbrüder im Umgang mit der Opposition
und beim Zuschnitt des neuen Wahlgesetzes von vornherein ein
Mindestmaß an Fairness und Rechtsstaatlichkeit hätten walten lassen.
Stattdessen versuchten sie beim Wahlgesetz erneut in klein, was sie
vor vier Monaten bei der Verfassung in groß praktiziert hatten: die
politischen Gegner zu übertölpeln und das Verfassungsgericht zu
hintergehen, um sich selbst im nächsten Machtpoker die besten Karten
zu sichern. Das hat die Verwaltungsjustiz zu Recht unterbunden. So
geht das bittere Gezerre auf allen Ebenen in die nächste Runde, bis
der Wirtschaft endgültig die Puste ausgeht. Das könnte schneller
kommen, als viele es für möglich halten. Denn was Ägypten erlebt, ist
längst mehr als eine Krise oder ein übliches post-revolutionäres
Nachbeben. Ägypten rutscht immer mehr in existenzielle Gefahr,
beginnt als Staat zu zerfallen, während sich seine politische Klasse
ungerührt weiter ihrem Dauergerangel hingibt. Noch ein weiteres Jahr
Totalblockade hält das Land nicht mehr aus. Die Muslimbrüder aber
spielen weiter auf Zeit, die Opposition setzt auf Erosion des
politischen Vertrauens. Das allen gemeinsame Land jedoch wird bald
nicht mehr wiederzuerkennen sein.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218

Weitere Informationen unter:
http://