Südwest Presse: Kommentar zu Afghanistan

Die Politik entdeckt den Afghanistaneinsatz der
Bundeswehr als innenpolitischen Zankapfel neu. Nur so ist die rege
Reisetätigkeit von Ministern und Abgeordneten, die keineswegs zu den
Wehrexperten gehören, in das Land am Hindukusch zu erklären. Weil
2011 in Deutschland viele Wahlen anstehen, droht dieses sensible
Thema zum populistischen Wahlkampfschlager zu werden. Die Forderung
nach einem konkreten Abzugsplan der Bundeswehr aus Afghanistan gehört
in dieses Kapitel. Ziel der internationalen Isaf-Truppen ist es, für
Frieden im Land zu sorgen, bis einheimische Sicherheitskräfte in der
Lage sind, diese Aufgabe zu übernehmen. Davon ist Afghanistan weit
entfernt. Zwar sind Armee und Polizei am Hindukusch 2010 deutlich
angewachsen. Abgesehen von Spezialeinheiten sind sie jedoch nicht in
der Lage, dem militärischen Druck der Taliban standzuhalten. Das
heißt, dieses Ziel ist noch nicht erreicht. Tatsächlich werden
Bundeswehrsoldaten viel länger in Afghanistan stationiert sein als
bis Ende 2014, auch wenn dies heute niemand offen zugibt. Es werden
deutlich weniger Soldaten sein, und sie werden irgendwann nur noch
als Berater der einheimischen Sicherheitskräfte arbeiten. Aber sie
werden vor Ort sein, um den langsamen Übergang zu gestalten. Wer
anderes behauptet, verschließt die Augen vor der unbequemen
Wirklichkeit oder beteiligt sich am unverantwortlichen
Wahlkampfgetöse.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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