Südwest Presse: Kommentar zu Haiti

Das hat Haiti gerade noch gefehlt: Nach Erdbeben und
Cholera nun auch noch die Rückkehr des Gewaltherrschers Jean-Claude
Duvalier. Der hat sein Land nicht nur schamlos ausgenommen, sondern
auch tausende Menschen foltern und ermorden lassen. Seine Rückkehr
ist eine Gefahr. Es destabilisiert ein politisch orientierungsloses
Land auf extreme Weise. Politisch ist Haiti am Abgrund. Die
Unfähigkeit des noch amtierenden Präsidenten René Préval, die tiefe
Kluft zu seinem Volk wahrzunehmen und den Machtverlust seines
politischen Lagers zu akzeptieren, haben das Land in eine politische
Krise gestürzt. Der Amtsinhaber setzte bei den vergangenen Wahlen auf
Betrug – und die UN-Stabilisierungsmission Minustah schaute zu. Sie
hatte gehofft, mit fragwürdigen Wahlen eine legitimierte neue
Regierung installieren zu können. Das Experiment ist gescheitert.
Noch nicht einmal das mehrfach nachgezählte Ergebnis der
Präsidentschaftswahl vom November konnte veröffentlicht werden. Ein
Zeichen von Durchsetzungsstärke der UN-Kräfte ist das nicht. Doch wer
sollte dann einen ehemaligen Diktator stoppen? Zu befürchten ist,
dass die Abrechnung für die Vergangenheit auf der Straße ausgetragen
wird. Nachdem es Frankreich unterlassen hat, den Folterer während des
Exils vor Gericht zu stellen, könnten nun aufgepeitschte Massen
Vergeltung fordern. Zumal auch der Volkstribun Jean-Bertrand Aristide
aus seinem Exil ankündigte, ebenfalls wieder mitmischen zu wollen.
Die jetzige Zuspitzung ist für die UN-Mission ein Debakel. Diese hat
Haiti weder Wege in die Zukunft geebnet noch ein Abgleiten in die
Vergangenheit verhindert.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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