Südwest Presse: Kommentar zum Raketenabwehrsystem

Da fühlt man sich schnell an die Ära des Kalten
Krieges erinnert: Gegenseitige Schuldzuweisungen, der Vorwurf
unzulässiger Einmischung in innere Angelegenheiten und die
Ankündigung, gegen den ehemaligen Erzfeind, in dem man seit mehr als
20 Jahren einen Verbündeten sucht, aufrüsten zu wollen. Die
empfindliche Zuspitzung im Streit um das in Osteuropa geplante
Raketenabwehrsystem der USA verheißt jedenfalls nichts Gutes. Nun
will Moskau Raketen in die Ostsee-Enklave Kaliningrad verlegen. Eine
Provokation, oder, wie es vom Kreml gesehen wird, vielmehr eine
Reaktion auf jene Provokation, die ursprünglich von der US-Regierung
ausging. Der Streit reicht aber deutlich tiefer. Dass die USA der
russischen Regierung keine Sicherheitsgarantie geben wollen, ist zwar
alles andere als hilfreich. Gleichwohl wissen Russlands Präsident
Dmitri Medwedew und Ministerpräsident Wladimir Putin sehr wohl, dass
der US- Raketenschild nicht gegen sie gerichtet ist, sondern den
Westen vor potenziellen Angriffe aus dem Iran schützen soll. Doch
statt an einem Strang zu ziehen, liegen sich Weißes Haus und Kreml
wieder in den Haaren und lassen den verbalen Schlagabtausch
eskalieren. Durch die ausgesprochen scharfe Kritik der
US-Außenministerin Hillary Clinton an den russischen Parlamentswahlen
hat sich der Ton weiter verschärft. Doch es steht zu viel auf dem
Spiel, Moskau und Washington haben zu viele gemeinsame Interessen,
vom Kampf gegen den internationalen Terrorismus bis hin zum Ausbau
der Wirtschaftsbeziehungen, als dass sie sich einen Rückfall in alte
Animositäten und Drohgebärden leisten können.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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