Südwest Presse: Kommentar zur Lohndebatte

Bereits im Herbst des zu Ende gegangenen Jahres taten
sich Politiker – allen voran Wirtschaftsminister Brüderle – mit
Forderungen nach kräftigen Lohnerhöhungen hervor. Beseelt von der
positiven Wirtschaftslage in Deutschland beeilten sie sich, eine
spürbare Beteiligung der Arbeitnehmer am Aufschwung einzufordern.
Dass die nächsten wichtigen Branchen erst 2011 und 2012 wieder über
die Tarife verhandeln werden, war den Politikern ziemlich einerlei.
Natürlich ist es gerecht, die Beschäftigten am wirtschaftlichen
Erfolg ihrer Unternehmen zu beteiligen, was in besonders boomenden
Branchen mit vorgezogenen Tariferhöhungen bereits passiert. Doch die
Lohnfindung ist das alleinige Geschäft der Tarifparteien. Sie
entscheiden, wenn auch stark ritualisiert, autonom – in der Regel
aber verantwortungsbewusst, der jeweiligen Wirtschaftslage angemessen
und unabhängig davon, welche Parteien gerade die Regierung stellen.
Politiker der Koalition sollten auch schweigen, weil ihre Regierung
im Moment das Geschäft der Tarifparteien alles andere als
erleichtert. „Mehr Netto vom Brutto“ wollte Kanzlerin Merkel den
Bürgern bieten, derzeit ist jedoch das Gegenteil der Fall. Einige
Sozialabgaben sind zum Jahreswechsel erhöht worden, die vom Einzelnen
zu tragenden Vorsorgeleistungen für Gesundheit, Rente und Pflege in
der Vergangenheit stets gewachsen. Die Beschäftigten werden dafür
einen Teil der zu erwartenden Lohnaufschläge verwenden müssen. Die
schwarz-gelbe Koalition sollte deshalb ihre Hausaufgaben erledigen
und dafür sorgen, dass der Staat seine Versprechen einhält, statt den
Bürgern immer mehr Geld aus der Tasche zu ziehen.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218