Thüringische Landeszeitung: Absurdes Theater – Netanjahu gießt neues Öl ins Nahost-Feuer / Leitartikel von Axel Zacharias zu den aktuellen Einlassungen von Israels Regierungschef

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu
scheint das Wasser bis zum Halse zu stehen. Sonst müsste er nicht den
einstigen palästinensischen Großmufti des Jahres 1941 bemühen, um die
Gewalt-Entwicklung im Nahen Osten zu erklären. Jenen Amin al-Husseini
als Kriegsverbrecher und Holocaust-Einflüsterer zu brandmarken, um
das Vorgehen gegen die palästinensischen Nachbarn seit Jahrzehnten zu
rechtfertigen, ist in höchstem Maße unseriös.

Natürlich war dieser Mann in gewisser Weise ein
Nazi-Kollaborateur. Aber mit dem jetzigen Aufstand vor allem junger
Palästinenser gegen die israelische Besatzungsmacht hat er nun
wirklich gar nichts zu tun. Mit dieser absurden Logik, nach der die
Palästinenser Mitschuld an der Judenvernichtung tragen und demzufolge
die aktuelle Gewalt gegen diese Volksgruppe gerechtfertigt ist,
beschädigt Netanjahu nur das Gedenken an die Schoah. Wer soll den
Mann nach solcherart bizarren Worten noch als ernsthaften
Gesprächspartner akzeptieren?

Dem Premier setzen angesichts der extrem ernsten Lage im eigenen
Land offenbar national-religiöse Siedler und Terroristen aus dem
Palästinenserlager gleichermaßen zu. Anstatt aber etwas zur
Beruhigung der Lage zu tun und zum Beispiel einen Baustopp für
jüdische Siedlungen auf palästinensischem Gebiet zu verkünden, gießt
Netanjahu noch Öl ins Feuer. Er schafft immer wieder neue Probleme,
statt die alten zu beseitigen.

Gerade weil wir Deutsche angesichts des Holocausts eine
historische Verantwortung für Israel haben, müssen wir immer wieder
den Finger in die Wunde legen: Die Gegner in Nahost tragen beide
Schuld an der gegenwärtigen Lage und können den Gordischen Knoten nur
gemeinsam zerschlagen.

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