Thüringische Landeszeitung: Angetastete Würde – Selbstbestimmter Tod wird schwieriger / Leitartikel von Matthias Benkenstein zum Sterbehilfe-Beschluss des Deutschen Bundestages

Es war schon eine Überraschung, die jetzt im
Bundestag zu erleben war. Bereits im ersten Wahlgang setzte sich das
Verbot organisierter Hilfe beim Suizid durch. Das war nicht
abzusehen, weil immerhin drei andere Entwürfe und die Gegner einer
Neuregelung überstimmt werden mussten.

Die Botschaft des Bundestags an Sterbehilfe-Organisationen lautet
damit: Ihr seid künftig verboten. Die Botschaft an das Wahlvolk
lautet einmal mehr: Es ist uns herzlich egal, was ihr denkt, wir
beschließen sowieso, was wir wollen. Denn regelmäßig sprechen sich
die Bürger in Umfragen mit übergroßer Mehrheit für Sterbehilfe aus –
auch für den sogenannten assistierten Suizid. Organisationen, die nur
auf Profit aus sind, sind in der Tat problematisch. Wieso jedoch
gemeinnützige Sterbehilfe-Vereine nicht erlaubt sein sollen, ist
unverständlich.

Dann sind da noch solch schwammige Begriffe wie „geschäftsmäßig“,
wie jetzt die Thüringer Landesärztekammer kritisiert hat. Wann wird
ein Geschäft zum Geschäft? Wenn ein Arzt zweimal oder fünfzigmal beim
Sterben hilft? Es besteht die Gefahr, dass die Verunsicherung unter
den Ärzten zunimmt. Um keine Risiken einzugehen, könnten sie
Patienten mit Todeswunsch allein lassen.

Dabei sollte die Würde des Menschen doch unantastbar sein – auch
am Lebensende. Niemand wünscht sich als unheilbar Kranker einen
würdelosen, qualvollen Tod. Es sollte die Möglichkeit geben, über ein
selbstbestimmtes Abtreten zu entscheiden, solange man noch in der
körperlichen und geistigen Verfassung dazu ist und nach eingehenden
Beratungen. Für all diejenigen, die das ähnlich sehen, ist die Lage
nun leider schwieriger geworden.

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