Thüringische Landeszeitung: Aufsicht hat versagt / Kommentar von Florian Girwert zum Middelhoff-Urteil

Viele Menschen werden jetzt zufrieden sein, dass
endlich mal wieder ein Exempel statuiert wurde an einem, den man zu
den oberen Zehntausend rechnen kann.

Doch was da vor Gericht in Essen verhandelt wurde, zeigt nicht
nur, wie abgehoben man ohne echte Kritiker an der Spitze von
Unternehmen mitunter werden kann. Wer den Weg zur Arbeit mit dem Auto
als zu umständlich empfindet, sollte vielleicht einen Wohnsitz
wählen, der vom Arbeitsort nicht 150 Kilometer entfernt ist. Thomas
Middelhoff hat sich in dieser Lage lieber dafür entschieden, auf
Kosten seiner damals schon klammen Firma mit dem Hubschrauber zu
fliegen. Allein, es zeigt sich ein weiteres Problem: Das Versagen der
Aufsichtsgremien im Unternehmen. Natürlich ist es niederträchtig von
Middelhoff, private und dienstliche Termine zu vermischen oder eine
teure Festschrift für ein anderes Unternehmen vom eigenen bezahlen zu
lassen. Doch man fragt sich auch, warum die Aufsichtsgremien der
damaligen Arcandor AG nicht in der Lage waren, diesem Treiben selbst
ein Ende zu setzen.

Dass der Reinigungsprozess erst in Gang kommt, während der
Insolvenzverwalter hinter Middelhoff aufräumt, spricht gegen damalige
Aufsichtsräte wie Hero Brahms oder Klaus Zumwinkel. Sie haben nicht
genau hin- oder ganz weggesehen – das Gegenteil von dem, was ihre
Aufgabe gewesen wäre.

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