Der Holocaust ist für viele Deutsche eine Last,
eine Bürde, ein Klotz am Bein. Etwas, das viele gerne ablegen würden.
Vor allem die junge Generation. Frauen und Männer zwischen 18 und 29
Jahren ärgern sich darüber, dass ihnen die Verbrechen der Nazis an
den Juden immer noch vorgehalten werden. Das hat in dieser Woche eine
repräsentative Umfrage der Bertelsmann-Stiftung ergeben. Demnach
würde eine große Mehrheit der Deutschen (81 Prozent) die Geschichte
der Judenverfolgung am liebsten hinter sich lassen und sich
gegenwärtigen Problemen widmen. Letzteres ist aller Ehren wert, aber
lassen sich gegenwärtige gesellschaftliche Probleme mit all ihrer
Sprengkraft ohne die besondere Verantwortung der Deutschen verstehen?
„Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz“, hat
Bundespräsident Joachim Gauck gestern in einer Rede vor dem Deutschen
Bundestag betont und damit anlässlich der Befreiung des
Vernichtungslagers Auschwitz vor 70 Jahren eindringlich davor
gewarnt, die NS-Verbrechen zu verdrängen. Die Erinnerung an den
Holocaust bleibe eine Sache aller Bürger, die in Deutschland leben,
fuhr Gauck fort. Und nahm damit auch die junge Generation in die
Verantwortung.
Einen Schlussstrich unter die Vergangenheitsbewältigung zu ziehen,
verbietet sich in diesem Land. Ein Gedenkstättenbesuch für
Jugendliche unter Zwang aber genauso. Junge Leute müssen sich mit dem
Thema auseinandersetzen wollen, nur so können sie aus den Fehlern
ihrer Ahnen lernen.
Über Generationen hinweg trugen Überlebende des Holocaust ihren
Teil zur Geschichtsbewältigung und zur politischen Bildung in
Deutschland bei. Spätestens beim Blick auf die eintätowierten Nummern
ehemaliger KZ-Häftlinge wurde Schülern klar, welches Grauen Nazis
über Europa gebracht haben. Aber auch ohne die Überlebenden muss es
weitergehen. Dieser Verantwortung müssen wir uns stellen. Alle.
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