Thüringische Landeszeitung: Die falsche Baustelle / Kommentar von Florian Girwert zum CSU-Plan, das „Taschengeld“ für Asylbwerber vom Balkan zu kürzen

Die Stimmen werden immer lauter: Glaubt man dem
bayerischen Innenminister Joachim Herrmann oder Bundesinnenminister
Thomas de Maizière, dann kommen viele Asylbewerber vom Balkan zu uns,
um die 143 Euro Taschengeld abzugreifen, die die Bundesrepublik ihnen
zugesteht, ehe ihr Asylantrag abgelehnt wird.

Zu unterstellen, dass jemand wegen dieses Betrages in einer völlig
überfüllten Gemeinschaftsunterkunft, verachtet von Teilen der
Bevölkerung, viele Wochen zubringt, erscheint wenig glaubhaft. Zumal
die Kosten für das Taschengeld kaum ins Gewicht fallen: Gerechnet auf
100 000 Asylbewerber kosten 143 Euro pro Person und Monat in
einem Jahr etwa 170 Millionen Euro. Das ist viel Geld – aber gemessen
an anderen Posten im Bundeshaushalt eine Kleinigkeit. Ja, es gibt
Asylbewerber, die es darauf abgesehen haben. Doch die Diskussion
lenkt von wichtigeren Problemen ab: Schlechte Kommunikation mit der
Bevölkerung, wenn es an die Unterbringung immer neuer Asylbewerber
geht – Politiker wie Joachim Herrmann stellen sich da nicht so gerne
dem Volkszorn. Sie eröffnen lieber neue Baustellen und hacken auf
denen herum, die sich öffentlich nicht wehren können.

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