Es ist absurd und alternativlos zugleich: Obwohl
sich die Thüringer SPD als die große Wahlverliererin besser in der
Opposition erholen sollte, ist sie als Königsmacherin zum
Weiterregieren verdammt. Ohne sie könnte gar keine neue Regierung in
Erfurt gebildet werden. Dass sie das nun einhelliger als erwartet mit
einem ziemlich wackligen Linksbündnis riskieren will, hat bundesweite
Signalwirkung – auch wenn SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi
versucht, die Bedeutung der erstmaligen Wahl eines Linken zum
Ministerpräsidenten herunterzuspielen.
Es mag ja sein, dass Rot-Rot-Grün in Thüringen kein Modell für die
nächste Bundestagswahl ist. Dass sich die SPD jedoch zum
Juniorpartner der Linken machen will, ist eine historische Zäsur –
sowohl für die SPD als auch für die Linke, die vor Glück und Kraft
kaum noch laufen kann. Nichts deutet darauf hin, dass sich die
wahlgeschrumpfte SPD als Kellner der Linken besser in Szene setzen
kann denn bisher als Kellner der CDU.
Trotz aller Qualen wird die SPD-Basis rot-rot-grüne
Koalitionsverhandlungen absegnen, die dann ziemlich sicher zu einem
Koalitionsvertrag führen. Die Nagelprobe kommt erst danach, wenn sich
Ramelow zum Ministerpräsidenten wählen lassen will. Er selbst glaubt
nicht daran, dass das in den ersten beiden Wahlgängen klappen könnte
und setzt deshalb alles auf den dritten. Aber auch dessen Ausgang ist
ungewiss: Verbünden sich CDU und AfD geschlossen gegen ihn, sinken
seine Chancen beträchtlich.
Dafür müsste die amtierende Regierungschefin Lieberknecht, so
fordert es die AfD, auf ihr Amt verzichten, was sie bislang
kategorisch ausschließt. Aus ihrer Sicht tut Lieberknecht das für sie
Beste: Sie sitzt auf ihrem Stuhl, wartet ab und hofft, dass Ramelow
scheitert. Ob das der von Machtverlust und mäßigem Wahlergebnis
verängstigten Thüringer CDU als Strategie ausreicht, ist noch nicht
ausgemacht.
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