Thüringische Landeszeitung: Die SPD muss Ross und Reiter nennen! Kommentar von Bernd Hilder zu den Bestechungsvorwürfen zur Ramelow-Wahl in Thüringen

Skandal oder Kasperltheater? Handfeste Vorwürfe
oder bösartige Dreckschleuderei? Taktisch geschickt oder ein
politischer Schuss ins eigene Knie? Diese Fragen stellen sich,
nachdem zwei moralisch empörte SPD-Landtagsabgeordnete ihrem
beschwerten Herzen Luft gemacht und zwei CDU-Kollegen des versuchten
Stimmenkaufs vor der Wahl Bodo Ramelows zum Ministerpräsidenten
beschuldigt haben. Und noch viel mehr liegt im Dunkeln: Warum die
Beschuldigungen erst jetzt, mehr als einen Monat nach der Wahl? Ein
Angriff auf die CDU, um sie auf Dauer moralisch zu diskreditieren und
die eigene fragile Einstimmen-Mehrheit zu zementieren? Oder ein
Ablenkungsmanöver, um vom „unerträglichen Postengeschacher“ und dem
„politischen Stillstand“ seit Amtsübernahme von Rot-Rot-Grün
abzulenken, wie CDU-Fraktionssprecher Karl-Eckhard Hahn vermutet?
Fragen über Fragen – und die SPD hat bisher keine Antworten für die
Öffentlichkeit.

Ganz klar: Wer besticht, muss bestraft werden. Das muss so sein in
einem demokratischen Rechtsstaat. Bei uns gilt aber auch: Wer andere
einer Straftat bezichtigt, muss das auch beweisen können. Ist er dazu
nicht in der Lage, kann ihn das selbst in juristische Schwierigkeiten
bringen. Dann nämlich steht der Verdacht der falschen Beschuldigung
im Raum. Das könnte als Verleumdung gewertet werden. Das ist eine
Binsenweisheit des Lebens, die auch für Politiker gilt.

Für Polit-Profis kein Problem, sollte man meinen. Und jeder
Polit-Profi weiß auch, dass man derartige Anschuldigungen nicht
anonym vom Stapel lassen kann, wenn man in der Lage ist, politisch um
mindestens eine Ecke denken zu können. Denn genau in dem Moment, in
dem solche Beschuldigungen absichtsvoll in das grelle Licht der
Weltöffentlichkeit katapultiert werden, muss die Staatsanwaltschaft
aktiv werden, in diesem Fall sogar der Generalstaatsanwalt: Die
Kavallerie des Rechtsstaats ist nicht mehr aufzuhalten. Rückt sie
aus, muss jeder Zeuge sagen, was er weiß, es sei denn, er hätte
Zeugnisverweigerungsrecht oder er ginge das Risiko der strafbewehrten
Lüge ein. Zeugnisverweigerungsrecht gilt nur für Journalisten, deren
gutes Recht es ist, ihre Informanten zu schützen, und für Politiker,
solange ihre Immunität nicht aufgehoben wird. All dies muss man
wissen, bevor man die öffentlichen Bestechungsvorwürfe der beiden
Thüringer SPD-Abgeordneten beurteilt, von denen sich einer offenbar
sogar Ramelow offenbart hatte, der den Vorgang dann schon vor einiger
Zeit per Zeitungsinterview publik machte: Thüringen, ein Freistaat
der Dampf-Plauderer.

Skandalträchtig ist der gesamte Vorgang allemal. Man weiß nur noch
nicht, wen es treffen wird. Die Union oder die Sozialdemokratie? Um
das herauszufinden, kann es nur eine einzige Schlussfolgerung geben:
Die SPD muss Ross und Reiter nennen, so schnell wie möglich, um sich
vom Vorwurf der hinterhältigen üblen Nachrede zu befreien. Sie muss
ihre Abgeordneten, die ja nach eigenem Bekunden sogar Fraktionschef
Matthias Hey bekannt sind, drängen, sich zu offenbaren – oder diese
müssen selbst aus der Anonymität kommen.

Denn als Politiker Bestechungsvorwürfe anonym zu erheben, ist
armselig. Und außerdem haben die Beiden kaum eine Chance, jetzt noch
ihren Namen aus der Öffentlichkeit heraus zu halten. Matthias Hey
kennt ihre Namen – und er muss sie spätestens preisgeben, wenn seine
Immunität aufgehoben wird. Ähnlich verhält es sich mit dem, was Bodo
Ramelow über die Sache bekannt ist. Mit welcher Begründung will man
eigentlich die Namen zurückhalten?

Und sowohl die beschuldigte CDU als auch die Öffentlichkeit haben
ein Recht darauf, sie zu erfahren. Alles andere wäre schlechter
Politikstil, zumal nach der Namensveröffentlichung die
Wahrheitsfindung erst anfängt. Die SPD-Abgeordneten müssen ihre
Vorwürfe gerichtsfest beweisen. Die CDU-Beschuldigten müssen sich
äußern können. Erst danach wird sich entscheiden, ob der nebulöse
Vorgang zu einem CDU-Skandal wird oder zu einem der SPD.

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