Thüringische Landeszeitung: Die Wackel-Mehrheit – Drittes Griechenland-Paket im Bundestag / Leitartikel von Axel Zacharias zur Bundestags-Abstimmung am Mittwoch über das dritte Griechenland-Hilfspaket

Was kaum kommuniziert wurde, ist das Kräftemessen
der Kanzlerin mit IWF-Chefin Christine Lagarde, einer Verfechterin
eines radikalen Schuldenschnitts, also eines generösen
Milliardengeschenks an Athen. Auch wenn dies ökonomisch sinnvoll sein
mag, so ist es doch politisch gefährlich. Wer in Deutschland weiter
regieren will, sollte mit diesem Gedanken keine Planspiele öffentlich
betreiben – es wäre vor der Bundestagswahl 2017 politischer
Selbstmord. Das weiß Angela Merkel natürlich selbstredend auch.
Weshalb sie nun längere Kreditlaufzeiten und niedrigere Zinssätze ins
Spiel bringt, wohl wissend, dass ein Schuldenschnitt damit nur
hinausgezögert wird. Irgendwann ist er nach allen Regeln der Vernunft
fällig. Nur soll dann auf dem Etikett möglichst nicht Merkel stehen.

Deshalb ist es so wichtig, dass morgen die Bundestags-Mehrheit für
das dritte Griechenland-Paket steht. Mit Kratzern vielleicht, aber am
Ende doch als Erfolg Merkels.

Zudem hat die Regierung Tsipras nach all dem Tricksen und Täuschen
in der Vergangenheit die Chance, Griechenland auf Zukunftskurs zu
bringen. Die Strukturreformen, die jetzt beschlossen werden, brauchen
allerdings Zeit, um zu greifen. Die schwache Opposition sollte
Tsipras möglich machen, was Jahrzehnte zuvor nicht gelang.
Natürlich ändern sich auch Mentalitäten nicht von heute auf morgen,
aber jetzt zählen Taten und nicht Wortgeklingel. Und genau hier
scheint sich doch etwas verändert zu haben.

Natürlich weiß jeder Realist, dass das jetzige Hilfspaket nicht
das letzte war. Ein viertes wird den Status der EU als Transferunion
festigen, aber dies deutet sich ja schon seit langem an. Wenn es nur
dabei bleibt, werden die Steuerzahler – und damit die Wähler – in
der EU rebellieren. Die EU muss auch politisch umgebaut werden.
München wird dies schmerzen: Es ist auf Dauer mehr Brüssel nötig.

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